Ruth Bader Ginsburg und die Zukunft des Supreme Court
Zum Inhalt:
Richterin Ruth Bader Ginsburg - Notorious RBG - war bekannt für ihren unerschütterlichen Kampf für die Frauenrechte. Als der damalige Präsident Bill Clinton sie 1993 zur Richterin am Supreme Court ernannte, war sie seit 26 Jahren die erste Person, die durch einen demokratischen Präsidenten nominiert wurde. Umso maßgeblicher ist die Frage nach ihrer Nachfolge. Präsident Trump hat seine Wunschkandidatin bereits vorgestellt, Amy Coney Barrett. Wenn es nach ihm geht, soll sie noch vor der Wahl ernannt werden, auf Lebenszeit. Am 12.10. startet die Anhörung der Nominierten.
Barretts Ernennung (noch kurz vor der Wahl) wird insbesondere von Vertretern der Demokraten sehr kritisch betrachtet. Sie ist Mitglied der geistlichen Gemeinschaft „People of Praise“, deren Anhänger*innen ein Gehorsamsversprechen gegenüber geistlichen Anleitern ablegen. Die Führung ist männlich geprägt, der Mann gilt auch als Oberhaupt der Familie. Vorehelicher Geschlechtsverkehr, gleichgeschlechtliche Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaften werden als unbiblisch abgelehnt. Als Richterin gehört Barrett dem Originalismus an, gemäß dem die US-amerikanische Verfassung auch heute noch so ausgelegt werden solle, wie sie von den damaligen Zeitgenossen bei ihrer Entstehung mutmaßlich verstanden wurde. Barrett ist eine strikte Abtreibungsgegnerin, befürwortet das Waffenrecht und ist auf einer Linie mit Trumps harter Immigrationspolitik. Damit könnte sie keinen stärkeren Kontrast zu Ruth Bader Ginsburg darstellen - auch wenn einige ihrer Anhänger bereits T-Shirts mit dem Aufdruck "Notorious ACB" verkaufen. Doch nicht nur längerfristig könnte der Supreme Court durch eine Ernennung Barretts geprägt werden - es gilt auch als wahrscheinlich, dass sie direkt nach ihrer Ernennung die unter dem Namen "Obamacare" bekannte Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama aufheben würde, die den Zugang zur gesetzlichen Krankenkasse regelt. Zwanzig Millionen Amerikaner*innen könnten damit inmitten der Corona-Pandemie ihre Krankenversicherung verlieren.
Wer spricht:
Dr. Rhea Hoffmann ist Habilitandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Völkerrecht der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Derzeit forscht sie zu Gleichheitsrechten aus einer wirtschaftsrechtlichen und menschenrechtlichen Perspektive. Sie ist außerdem stellvertretende Frauenbeauftragte des Fachbereichs. Frau Dr. Hoffmann studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Trier und Prag mit dem Schwerpunkt Völker- und Europarecht. Nach dem ersten juristischen Staatsexamen im Jahr 2009 begann Sie am Exzellenzcluster „Herausbildung normativer Ordnungen“ der Universität Frankfurt am Main ihre Dissertation im Rahmen der Nachwuchsgruppe „Wandel des transnationalen Wirtschafts- und Arbeitsrechts“. Von Oktober 2011 bis Januar 2012 verbrachte sie einen Forschungsaufenthalt an der Osgoode Hall Law School, York University, Toronto, Kanada. Von 2013 bis 2015 absolvierte Frau Dr. Hoffmann ihr Rechtsreferendariat am OLG Frankfurt am Main. Danach arbeitete sie für die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) in Genf, wo sie bereits ihre Wahlstation während des Rechtsreferendariats absolvierte.
Podcast-Einführung: Dr. Laura Räuber, Bild: Ruth Bader Ginsburg beim Besuch der Wake Forest University School of Law, September 2005, flickr/Wake Forest University School of Law.
- 00:00Jingle
- 00:16Einführender Kommentar
- 02:54Ginsburgs Lebensweg und Leistungen
- 11:04Die Rolle des Supreme Court in den USA
- 11:48Ernennung Amy Coney Barrets
- 13:04Politisierung des Supreme Court und die Zukunft der US-Demokratie