ERC Starting Grant für außerordentliche Akademiemitglieder
Mit dieser finanziellen Förderung unterstützt die EU Forschende in einem frühen Karrierestadium. Der ERC vergibt jährlich Starting Grants an junge, vielversprechende Persönlichkeiten aus der Forschung, die sich mit bahnbrechenden Forschungsprojekten darum beworben haben und wurden von hochrangigen Expertengremien ausgewählt wurden. Die Forschenden sollen so die Möglichkeit bekommen, ihre eigene Arbeitsgruppe auf- und auszubauen und Forschungsprojekte mit hohem Innovationspotenzial voranzutreiben. Sie sind mit bis zu 1,5 Millionen Euro dotiert.
Anna Stöckl
Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert die Konstanzer Biologin Anna Stöckl mit einem Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro für das Projekt „Closing the loop in dynamic vision – from single photons to behaviour in extreme light environments“ (kurz: „DynamicVision“). Begleiten wir einen Nachtfalter ein Stück auf seinem nächtlichen Flug: Durch den Garten, vorbei an erleuchteten Fenstern, unter einem Baum hindurch, der im Mondlicht Schatten wirft, hinaus auf die Straße mit ihren Laternen und den grellen Scheinwerfern der vorbeifahrenden Autos. Schon auf dieser kurzen Strecke ist das nachtaktive Insekt mehrfach plötzlichen Helligkeitsschwankungen ausgesetzt. Besonders stark sind die Schwankungen, die durch künstliche Lichtquellen verursacht werden.
Doch wie schafft es der Nachtfalter trotz dieser Herausforderungen für seinen Sehsinn, erfolgreich durch die Nacht zu manövrieren? Um diese und ähnliche Fragen zu beantworten, hat Anna Stöckl vom ERC einen Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro erhalten. In ihrem Forschungsprojekt „DynamicVision“ wird sie unter anderem den visuell gesteuerten Flug von Nachtfaltern untersuchen.
Anna Stöckl ist Juniorprofessorin und Emmy Noether-Arbeitsgruppenleiterin an der Universität Konstanz, seit 2020 ist sie Mitglied im Jungen Kolleg der BAdW. Anna Stöckl im Videoporträt der BAdW: https://badw.de/die-akademie/presse/videos/video-detail/detail/wissenschaft-als-beruf-dr-anna-stoeckl-biologie.html
Stöckl beschreibt ihre Forschung regelmäßig für ein breites Publikum. Eine Auswahl ihrer Beiträge zur eigenen Forschung finden Sie unter: https://www.annastoeckl.com/science-communication
Golo Storch
Bei vielen Prozessen in der chemischen Industrie spielen Reduktionsreaktionen eine große Rolle. Die Übertragung von Elektronen sorgt dabei dafür, dass ein Ausgangsstoff sich zu einem erwünschten Produkt verändert. Die benötigte hohe Reduktionskraft für diese Verfahren stammt in der organischen Chemie meist aus Metallen wie Natrium, Kalium und Lithium, die aufwändig produziert werden müssen. Im ERC-Projekt “Artificial Catalysts for Endergonic Reduction by Electron Bifurcation”, BifurCAT, greifen Dr. Golo Storch und sein Team auf einen Trick aus der Natur zurück, um solche Reaktionen mit weniger Aufwand zu ermöglichen. Das Vorbild dafür sind Enzyme, in denen die sogenannte Elektronen-Bifurcation, übersetzt Elektronen-Gabelung, stattfindet. An einem Reaktionszentrum des Enzyms werden zwei Elektronen aus einem Molekül auf den Katalysator übertragen. Dann findet der zentrale Schritt statt und die beiden Elektronen werden im Katalysator räumlich getrennt. Dabei wird ein Teil der Energie eines Elektrons auf das andere übertragen - sodass statt zwei Elektronen mit gleichem Energieniveau ein Elektron mit stärkerer und eines mit schwächerer Reduktionskraft entstehen. Diese stärkere Reduktionskraft kann für die gewünschte Reduktion genutzt werden. Sollte es dem Team gelingen, dieses Prinzip erstmals im Labor zu realisieren, könnten Stoffe wie Ascorbinsäure oder Ameisensäure, die in großen Mengen verfügbar sind, als Energieträger für anspruchsvolle Reduktionsreaktionen genutzt werden.
Dr. Golo Storch ist Nachwuchsgruppenleiter (https://www.storchlab.de/) an der TU München, seit 2023 ist er Mitglied im Jungen Kolleg der BAdW.
Junges Kolleg der BAdW
Wissenschaftlicher Dialog, Interdisziplinarität und generationenübergreifende Zusammenarbeit: Diese Ziele verfolgt die Akademie mit ihrem 2010 gegründeten Jungen Kolleg. Es bietet hervorragenden jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Bayern:
- wissenschaftlichen Freiraum außerhalb der Universitäten, um kreative und innovative Fragestellungen umzusetzen,
- finanzielle Unterstützung in Form von Stipendien (12.000 Euro jährlich) und
- ein hochkarätiges Forum zum Austausch untereinander und mit Akademiemitgliedern.
Die im Jungen Kolleg vertretenen Forschungsprojekte zeichnen sich durch bedeutende Fragestellungen der Geistes- und Sozialwissenschaften sowie der Natur- und Technikwissenschaften aus, insbesondere an den Schnittstellen der etablierten Wissenschaftsgebiete. Ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme in das Kolleg ist der innovative, kreative Charakter eines Vorhabens. Wissenschaft lebt vom Dialog. Die Kollegiatinnen und Kollegiaten nehmen daher jährlich an einer Reihe von Veranstaltungen teil bzw. organisieren diese eigenverantwortlich, wie beispielsweise Workshops, interdisziplinäre Kolloquien oder Kaminabende zu aktuellen wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Themen. Das Junge Kolleg wird finanziert vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
In der bayerischen Forschungslandschaft hat sich das Junge Kolleg als renommierte wissenschaftliche Talentschmiede etabliert: Überdurchschnittlich viele Forscherinnen und Forscher verließen vorzeitig das Kolleg, weil sie einen Ruf auf eine feste Professur erhielten. Seit Beginn des Programms erhielten zahlreiche Mitglieder hochdotierte wissenschaftliche Preise und Förderungen. Allein seit 2016 konnten sechs Mitglieder des Kollegs ERC Starting Grants einwerben.
Foto: Dr. Anna Stöckl bei ihrem Kollegs-Workshop 2022 (BAdW / Maria Bayer)