23/06
Zur Geschichte der Botanik in Ingolstadt
23/06
10. Juli 2006
Rechtzeitig zum 1200. Stadtjubiläum erscheint die historische Darstellung der Botanik an der ehemaligen Universität Ingolstadt (1472-1800) von Franz Josef Schötz.
Die Botanik ist eines der ältesten Fächer, das an der heute in München beheimateten Universität gelehrt wurde. Sie war damals Bestandteil (Hilfswissenschaft) der Medizin, von der sie sich erst lösen musste. Zu ihren bedeutenden Vertretern in der Frühzeit der Ingolstädter Universität zählte u.a. Leonhart Fuchs (1501–1566), der allerdings aus konfessionellen Gründen bald nach Tübingen ausweichen musste – nach ihm ist übrigens die Fuchsie benannt.
Einen Höhepunkt in der Geschichte der Ingolstädter Botanik ist zweifelsohne die Einrichtung des "Hortus Academico-Medicus" (1723–1735), des botanischen Gartens an der heute so genannten Alten Anatomie mit Medizinhistorischem Museum. Dieser lang gehegte Wunsch konnte nur mit Hilfe großzügiger Spenden realisiert werden, für die mit prächtig gestalteten Werbeprospekten und lateinischen Lobgedichten (eines davon bringt der Autor erstmals in deutscher Übersetzung) geworben wurden. Dass es dabei nicht ohne Neid und Konkurrenzkämpfe unter den Professoren abging, belegt der Autor aufgrund seiner akribischen Quellenkenntnis und nicht ohne manchen ironischen Seitenblick.
In einem großen Kapitel wird die Entwicklung, Veränderung und Verbesserung des Lehrbetriebs an der Ingolstädter Universität dargelegt, nicht nur in Bezug auf die Botanik, sondern im ganzen naturwissenschaftlichen Bereich. Ingolstadt nahm hier eine Vorreiterrolle ein, indem das Experiment, nicht mehr die reine Vorlesung aus dem Buch, in den Mittelpunkt gestellt wurde. Schwere Rückschläge brachten allerdings immer wieder die über die Festungsstadt Ingolstadt hereinbrechenden Kriegsereignisse, die mit ein Grund zur Verlegung der Universität 1800 nach Landshut waren.
Insgesamt gibt das Buch einen spannend zu lesenden Einblick in die 300 Jahre botanischer Lehre an der damaligen Landesuniversität und darüber hinaus ein herrliches Beispiel bayerischer Geschichte.
Der Autor, Franz Josef Schötz, ist emeritierter Professor für Botanik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Hier etablierte er als „klassisch“ ausgebildeter Botaniker als erster das damals revolutionierende Elektronenmikroskop in der Botanik. Er versteht es, Fakten und historische Details mit einer Leichtigkeit nachzuerzählen und dem Leser zugleich auch eine Psychologie der Naturwissenschaftler im Spiegel der damaligen Zeit näher zu bringen.
Franz Josef Schötz, Zur Geschichte der Botanik an der Universität Ingolstadt 1472–1800. Die Botanik als Teil der Medizin. München, 2006. 224 S., 31 Abb., 5 Tafeln, geb. EUR 54,00 (=Bayerische Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Abhandlungen N.F., Heft 173)