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20/01

Von neuen Anwendungen in der Quantenphysik, versunkenen Pflanzenwelten, der Wiederentdeckung eines Philosophen und selbstreplizierenden Peptiden

Jahresfeier der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit Preis- und Medaillenverleihungen, dem Rechenschaftsbericht des Präsidenten und einem Festvortrag zur Quantenphysik

 

 

20/01
23. November 2001

Jahresfeier der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit Preis- und Medaillenverleihungen, dem Rechenschaftsbericht des Präsidenten und einem Festvortrag zur Quantenphysik

Am Samstag, dem 8. Dezember 2001, wird die Bayerische Akademie der Wissenschaften ihre große Jahresfeier im Herkulessaal der Residenz zu München begehen. Diese Feier stellt den Höhepunkt im Veranstaltungsreigen der Akademie dar, zu dem sich regelmäßig über 1.000 Gäste aus dem In- und Ausland anmelden. Eröffnet und beendet wird die Festveranstaltung durch den Ein- und Auszug der Akademiemitglieder in ihren Talaren.

Auf die Gäste wartet der Rechenschaftsbericht des Präsidenten der Akademie, Prof. Dr. Heinrich Nöth, der auch die diesjährigen Preise in Höhe von DM 36.000 sowie die Medaille Bene merenti vergeben wird. Der Rede des Präsidenten sowie der Verleihung der Auszeichnungen schließt sich der Festvortrag mit dem Titel "Quantenphysik und die Technologie im 21. Jahrhundert" an, den Prof. Dr. Herbert Walther hält. Walther ist Ordinarius für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gehört er als ordentliches Mitglied an.

Sein Vortrag greift zurück auf den Dezember 1900, als Max Planck bei der Erklärung des Spektrums der Schwarzkörperstrahlung die Quantisierung von elektromagnetischen Wellen gefunden hat. Walther wird zunächst daran erinnern, dass Planck mit seiner Hypothese eine Revolution in der Physik eingeleitet hat. Die auf dieser Revolution beruhende und in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entwickelte Quantentheorie ist heute die Basis unserer modernen Technologie geworden. Doch obwohl die Quantenphänomene in der Praxis eine große Rolle spielen, gibt es noch konzeptionelle Schwierigkeiten, die nicht im Formalen begründet sind, sondern in den philosophischen Ansatzpunkten liegen. Der Schritt zwischen der Quantentheorie, die die Mikrowelt beschreibt, und der klassischen makroskopischen Welt ist einfach zu groß. In den letzten Jahren nun sind eine Reihe von Experimenten mit einzelnen Photonen und Atomen durchgeführt worden, die das Verständnis der Quanteneffekte wesentlich erleichtern und gleichzeitig zu interessanten neuen Anwendungen führen; genau die sollen auch im Mittelpunkt des Vortrages von Herbert Walther stehen.

Die diesjährigen Preisträger

Den Akademiepreis 2001, der nur an Persönlichkeiten verliehen wird, die nicht hauptamtlich in der Forschung tätig sind, dieser jedoch trotzdem wesentliche Fortschritte oder maßgebliche Erkenntnisse ermöglichten, erhält Klaus-Peter Kelber. Kelber ist Photograph und technischer Beamter am Mineralogischen Institut der Universität Würzburg. Seit etwa 30 Jahren beschäftigt er sich als Autodidakt neben seiner beruflichen Tätigkeit mit der Geologie und der Paläontologie der Trias in Süddeutschland. Und das mit so großem Erfolg, dass er mittlerweile als ein sowohl national wie auch international anerkannter Experte auf dem Spezialgebiet der Keuperflora gilt. Der Begriff "Keuper" bezeichnet einen Abschnitt der Erdgeschichte vor mehr als 200 Millionen Jahren, als sich in Mitteleuropa bunte Mergel, Sandsteine und verfestigte Tone ablagerten. "Keuper" kommt von "geköpert", was im plattdeutschen Sprachgebrauch "bunt" bedeutet. Im Keuper treten viele neue Pflanzenarten auf, unter denen die bekanntesten Schachtelhalme und Farne sind. Klaus-Peter Kelber nun hat in süddeutschen Keupergebieten zahlreiche fossile Pflanzen-Fragmente gesammelt und untersucht. Er konnte dabei erstmals fossile Sporen in systematischer Folge aus den Ablagerungen gewinnen und dadurch die Fortpflanzungsstrategien dieser Pflanzen erforschen. Der Preisträger, dessen Startbasis ein Volksschulabschluss war, ist mittlerweile ein gefragter Gast bei internationalen Fachtagungen, er hat rund 30 wissenschaftliche Publikationen vorzuweisen und zwei große Ausstellungen gestaltet: die eine 1990 in Würzburg über "Die versunkene Pflanzenwelt aus den Deltasümpfen Mainfrankens vor 230 Millionen Jahren", und die andere 1995/96 in Heilbronn über "Keuperpflanzen. Die Enträtselung einer über 200 Millionen Jahre alten Flora".

Den Max-Weber-Preis 2001, mit dem die Philosophisch-historische Klasse der Bayerischen Akademie junge Nachwuchswissenschaftler fördern möchte, erhält Dr. Wolfgang Forster. Forster ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechtsgeschichte der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er erhält die Auszeichnung für seine Dissertation über "Karl Christian Friedrich Krauses frühe Rechtsphilosophie und ihr geistesgeschichtlicher Hintergrund". Die von Forster vorgelegte umfangreiche Monographie stellt in deutscher Sprache die erste gründliche Auseinandersetzung mit der Rechtsphilosophie des idealistischen deutschen Philosophen Krause dar, der von 1781 bis 1832 lebte und in Deutschland fast völlig vergessen ist. In der spanischen und lateinamerikanischen Geisteswelt hat Krauses Philosophie hingegen nach wie vor großen Einfluss und die bis heute lebendige Bewegung des "Krausismo" hervorgerufen, die sich in erster Linie auf seine Rechtsphilosophie bezieht – ein Teilstück von Krauses philosophischem System, mit dessen frühen Werken sich auch die Arbeit des Preisträgers in erster Linie befasst. Wolfgang Forsters Arbeit enthält mehrere geistesgeschichtlich relevante Entdeckungen; so legt er u.a. dar, dass Krauses Philosophie weder auf Fichte noch auf Schelling beruht, sondern an die vorkantische deutsche Philosophie – und hier v.a. an Leibniz und Christian Wolff – anknüpft. Insgesamt stellt Forster in seiner Arbeit eine bedenkenswerte Phase innerhalb der Geschichte der Rechtstheorie im 19. und 20. Jahrhundert sehr eindringlich vor und wirkt an der Wiederentdeckung des Philosophen Krause mit.

Der Arnold-Sommerfeld-Preis 2001, mit dem die Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften junge Nachwuchswissenschaftler fördern möchte, geht an Prof. Dr. Kay Severin. Noch vor dem Abschluss seiner Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München erhielt Severin den Ruf auf eine "Tenure-Track Assistant Professur" im Department of Chemistry der Eidgenössisch Technischen Hochschule Lausanne ("Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne"). Der Preisträger hat Moleküle entwickelt, die als "Schalter" für verschiedenste Vorgänge auf molekularer Ebene wirken. Der "shooting star" legte mit nur 26 Jahren eine erste Publikation über Aminosäure und Metallkomplexe vor, promovierte mit 27 Jahren über "Synthese und Reaktivität von metallorganischen Komplexen mit Aminosäuren und Peptiden" und ging danach als Postdoktorand in die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ghadiri an das Scripps Forschungsinstitut in La Jolla in Kalifornien. Dort gelang ihm der Nachweis, dass Peptide in der Lage sind, sich selbst zu replizieren. Dieses Ergebnis, das in der Fachzeitung "Nature" publiziert wurde, ist für die Frage nach dem Ursprung des Lebens von Bedeutung und hat viel Aufmerksamkeit hervorgerufen. Neben "einfachen" Peptiden untersuchte Severin u.a. komplexe Mischungen autokatalytischer Peptide. Er konnte zeigen, dass diese "molekularen Ökosysteme" Eigenschaften von lebenden Systemen besitzen, wie z.B. die automatische Korrektur von Fehlern (Mutationen). In Anerkennung all dieser Leistungen erhält Kay Severin nun den Arnold-Sommerfeld-Preis.

Den nur alle zwei Jahre verliehenen Preis der Peregrinus-Stiftung erhält Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Trutz Rendtorff. Er ist Professor emeritus für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihm ist es zu verdanken, dass 1993 an der Münchner Uni das Institut Technik, Theologie, Naturwissenschaften gegründet wurde, welches er gemeinsam mit Ernst Ludwig Winnacker, dem derzeitigen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, leitete. Trutz Rendtorff hat große Forschungsprojekte in der Medizinethik, Bioethik und Wirtschaftsethik angestoßen und zahlreiche grundlegende Studien zur politischen Ethik, Wirtschaftsethik und modernen Bioethik publiziert. Mit seiner mehrfach aufgelegten zweibändigen Ethik legte er einen umfassenden Entwurf der Theorie der Lebensführung vor; auch verknüpfte er als Herausgeber der Zeitschrift für evangelische Ethik immer wieder ethische Grundlagenreflexionen mit der Stellungnahme zu aktuellen Konflikten. Insgesamt ist es Trutz Rendtorff gelungen, theoretische Reflexion in praktische wissenschaftspolitische und gesellschaftspolitische Verantwortung zu überführen. – Eine Leistung, die gerade heute in den aktuellen Auseinandersetzungen um elementare Fragen bioethischer Probleme gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und mit dem Peregrinus-Preis gewürdigt werden soll.

Gestiftet wurde dieser mit DM 10.000 dotierte und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zur Vergabe anvertraute Preis 1997 von Rudolf Meimberg, einem Professor emeritus für Volkswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt am Main. Über seine Peregrinus-Stiftung – der Name soll an den Menschen als Pilgrim, als Fremden in der Welt erinnern – fördert Meimberg geisteswissenschaftliche Publikationen, die auch gesellschaftspolitisch relevant sind. Bislang erhielten Prof. Dr. Hans Meier von der Carl Friedrich von Siemens Stiftung und Prof. Dr. Franz Henrich von der Katholischen Akademie in Bayern den Preis.

Die Verleihung der Medaille "Bene merenti"

Die Medaille "Bene merenti" wird verliehen für Verdienste um die Bayerische Akademie der Wissenschaften. Am 8. Dezember 2001 nun wird Präsident Heinrich Nöth die ganz besonderen Verdienste von Monika Stoermer, der langjährigen Syndika und Generalsekretärin der Akademie, mit dieser Auszeichnung in Silber würdigen. Monika Stoermer hat ganz entscheidend daran mitgewirkt, dass die Bayerische Akademie der Wissenschaften zu dem wurde, was sie heute ist: die nach Anzahl ihrer Mitarbeiter, ihrer Projekte und von ihrem Etat her größte unter den in der Union zusammengeschlossenen wissenschaftlichen Akademien in Deutschland.