24/03
Preisverleihungen im Rahmen der Feierlichen Jahressitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
24/03
11. Dezember 2003
Am 6. Dezember 2003 findet die Jahressitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Herkulessaal der Münchner Residenz statt: Der Präsident verleiht die Medaille 'Bene merenti' und vier Wissenschaftspreise im Gesamtwert von 18.100 Euro. Den Festvortrag hält Prof. Dr.-Ing. Gottfried Sachs. Thema 'Synthetische Sicht. Durchblick für Piloten bei Nacht und Nebel.'
Am Samstag, dem 6. Dezember 2003, lädt die Bayerische Akademie der Wissenschaften um 10 Uhr zur Feierlichen Jahressitzung im Herkulessaal der Münchner Residenz. Über 1000 Gäste aus dem In- und Ausland werden zu diesem gesellschaftlichen Ereignis erwartet. Auch der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, hat sein Kommen zugesichert.
Nach dem Einzug der ordentlichen Akademiemitglieder im Talar begrüßt der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. Dr. h.c mult. Heinrich Nöth, die geladenen Gäste. Vor der Verleihung der Preise berichtet der Präsident über Forschungsvorhaben und -ergebnisse an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Die Medaille "Bene merenti"
Der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften verleiht die Medaille "Bene merenti" in Silber an Prof. Dr. Clemens Zintzen für seine Verdienste als Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Der 1930 in Aachen geborene em. o. Professor für Ältere Sprache und Literatur der Universität zu Köln ist seit 1977 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur, Mainz, und seit 1993 Präsident dieser Akademie. Zintzen ist Mitglied mehrerer deutscher Akademien der Wissenschaften und gehört der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Salzburg, sowie der Medieval Academy of America an. Von 1998-2002 war er Vorsitzender des Zusammenschlusses der deutschen Akademien der Wissenschaften, der bei seinem Amtsantritt Konferenz hieß und Ende 1998 in Union der deutschen Akademien der Wissenschaften umbenannt wurde. Er begann als Vorsitzender und wurde 2002, nach einer Satzungsänderung, der erste Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. In dieser Zeit hat Clemens Zintzen den Zusammenschluss maßgeblich weiterentwickelt: Die internationalen Beziehungen wurden intensiviert und der Dialog mit Politik und Gesellschaft erheblich ausgebaut. Ein wichtiger Meilenstein war die Übernahme der Koordinierung des gemeinsamen Forschungsprogramms (Akademienprogramm) durch die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften: Für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Akademienprogramms hat sich Prof. Dr. Clemens Zintzen erfolgreich eingesetzt.
Akademiepreis
Der mit 5000 Euro dotierte Akademiepreis wird auf Vorschlag der ordentlichen Akademiemitglieder an Persönlichkeiten verliehen, die nicht hauptberuflich in der Forschung tätig sind, dieser jedoch wesentliche Fortschritte oder maßgebliche Erkenntnisse ermöglicht haben.
2003 wird Dr. Johann F. Ehrhardt, Studiendirektor am Staatlichen Gymnasium mit Schülerheim Hohenschwangau mit dem Akademiepreis ausgezeichnet. Der 1946 in Leipheim (Landkreis Günzburg) geborene Biologie- und Chemielehrer erhält ihn für seine außergewöhnliche, begeisternde und beispielhafte Heranführung von Schülern und Schülerinnen an wissenschaftliche Fragestellung und Methoden im Fach Biologie sowie seine intensiven fachlich-wissenschaftlich begründeten Bemühungen um den Naturschutz.
Max Weber-Preis
Mit dem Max Weber-Preis fördert die Philosophisch-historische Klasse der Bayerischen Akademie junge Nachwuchswissenschaftler. 2003 erhält Anke Niederbudde, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Slavische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, den mit 4000 Euro dotierten Preis. Sie hat mit ihrer Dissertation über "Mathematische Konzeptionen in der russischen Moderne" eine Pionierleistung erbracht, die in Ansatz, Durchführung und Ergebnis hohe Bewunderung einfordert. Anhand von drei großen Kunstdenkern aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, dem Religionsphilosophen Pavel Florenskij und den herausragenden Dichtern der russischen Avantgarde Velemir Chlebnikov und Daniil Charms zeigt sie, wie hier, ausgehend von Theorien der (nicht euklidischen) Geometrie, der Unendlichkeits- und Kontinuumslehre, der Raum-Zeit-Relation u.ä., Welt-, Sprach- und Literaturauffassungen entwickelt und ästhetisch umgesetzt werden, die der russischen Avantgarde ihr besonderes Gepräge geben. Der weitgespannte Blick erfasst dabei die Entwicklungen in Mathematik, Philosophie und Kunst seit Ende des 19. Jahrhunderts und liefert zugleich erhellende historische Rückblicke auf Pythagoräismus, Dante, Leibniz, auf Barock und Romantik.
Arnold Sommerfeld-Preis
Der Arnold Sommerfeld-Preis 2003, mit dem die Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften junge Wissenschaftler fördern möchte, geht an PD Dr. Sabine Strahl, Oberassistentin und Dozentin am Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenphysiologie der Universität Regensburg. Sie hat Untersuchungen an Hefen durchgeführt, wobei es ihr gelungen ist, durch die eingehende Analyse der Zuckerübertragungs-Reaktion und der dafür verantwortlichen Gene, eine Brücke von der Grundlagenforschung an einem einfachen einzelligen Lebewesen bis hin zum Verstehen bestimmter Krankheiten beim Menschen zu schlagen. Die einzellige Bäckerhefe stellt heute einen der wichtigsten Modellorganismen dar, an dem mit molekularbiologischen Methoden elementare Fragen der Zellbiologie geklärt werden. Sabine Strahl hat u. a. die Verpackung des Erbmaterials DNA im sogenannten „Heterochromatin“, den stark kondensierten, nicht aktiven Bereichen der Chromosomen, charakterisiert und eine allgemein akzeptierte Vorstellung über den Aufbau entwickelt. Weiterhin hat sie erstmals Gene und die Enzyme einer neuen Art der Proteinmodifizierung, der Übertragung des Zuckers Mannose auf Serin- und Threonin-Reste bestimmter Eiweiße, beschrieben und eingehend studiert. Die entsprechenden Gene für diese Reaktion sind in der Evolution konserviert und lassen sich bis hin zum Menschen nachweisen. Beim Fehlen bzw. bei Defekten in den Genen unterbleibt die Proteinmodifizierung für den jeweiligen Organismus, was letal ist bzw. zu gravierenden erblich bedingten Krankheiten führt, wie z.B. dem Walker-Warburg Syndrom beim Menschen.
Preis der Peregrinus-Stiftung
Mit dem erst 1997 gestifteten Peregrinus-Preis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die durch geisteswissenschaftliche Publikationen Anstöße gegeben haben, die auch gesellschaftspolitisch relevant sind. Er wird nur alle zwei Jahre verliehen. Der mit 5100 Euro dotierte Preis geht 2003 an Yacov Jacques Guggenheim, Dinur Institute der Hebrew University of Jerusalem, für seine Verdienste bei der Herausgabe der "Germania Judaica!, mit denen er einen besonders wertvollen und dauerhaften Beitrag zur Geschichte des deutschen Judentums geleistet hat. Die "Germania Judaica" ist ein alphabetisches Verzeichnis aller Orte des Reiches mit jüdischer Siedlung seit ältester Zeit. Dieses Werk der Geschichtswissenschaft ist zugleich ein Zeugnis deutsch-jüdischer Zusammenarbeit, die selbst durch die Vernichtung des europäischen Judentums nicht zerstört werden konnte. Es ist der wissenschaftlichen Akribie und immensen Sachkenntnis von Yacov Guggenheim zu verdanken, dass dieses wissenschaftliche Langzeitvorhaben für die Zeit bis zur Reformation zu Ende geführt werden konnte.
Mit der Verleihung des Peregrinus-Preises ehrt die Akademie einen Forscher und in seiner Person stellvertretend den Kreis jener deutsch-jüdischen Wissenschaftler, die in den vergangenen hundert Jahren ihr Leben dieser Aufgabe gewidmet haben.
Festvortrag
Den Festvortrag hält Prof. Dr.-Ing. Gottfried Sachs, Professor für Flugmechanik und Flugregelung an der TU München und ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er wird zum Thema "Synthetische Sicht. Durchblick für Piloten bei Nacht und Nebel." sprechen.
Das Konzept der synthetischen Sicht besteht darin, dem Piloten visuelle Informationen für die Steuerung und Führung des Flugzeugs in einem dreidimensionalen Darstellungsformat auf einem Display im Cockpit anzuzeigen. Hauptbestandteile sind die Darstellung der zu fliegenden Bahn und die Anzeige der Position des Flugzeugs sowie die bildliche Wiedergabe des vorausliegenden Geländes. Damit erhält der Pilot nicht nur Kenntnis über den momentanen Flugzustand, sondern – durch die Vorausschau – auch über die künftige Bewegung. Dies ist eine essentielle Erweiterung der visuellen Flugführungsinformationen. Weiter werden die Flugführungsinformationen in einer bildhaften, anschaulichen Darstellungsform präsentiert, so dass ein direkter, intuitiver Zugang ermöglicht und der mentale Aufwand zur Rekonstruktion der räumlichen und zeitlichen Situation reduziert wird. Verbunden damit sind eine Verbesserung des Situationsbewusstseins des Piloten und eine Verringerung des Scanning-aufwands. Das Konzept der synthetischen Sicht zielt auf eine grundsätzliche Verbesserung der Flugführung bei schlechter oder fehlender Außensicht ab. Dadurch wird es möglich, die Flugsicherheit substantiell zu verbessern und insbesondere die Anzahl der CFIT-Unfälle drastisch zu reduzieren (CFIT: Controlled Flight into Terrain). Auch für Hubschrauber kann eine Allwetter-Flugfähigkeit erzielt werden. Hierbei wird es mittels der synthetischen Sicht möglich, Rettungseinsätze ohne die heute noch bestehenden Beschränkungen bei schlechter Außensicht ausführen zu können.
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften wurde 1759 in München gegründet. Mit über 300 hauptamtlichen Mitarbeitern und einem Jahresetat von rund 35 Mio. Euro ist sie heute die größte der insgesamt sieben wissenschaftlichen Akademien in der Bundesrepublik. Ihr Schwerpunkt sind interdisziplinäre Grundlagenforschung und langfristig angelegte Forschungsprojekte im geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Bereich, wie die Erstellung von wissenschaftlichen Wörterbüchern, Werkverzeichnissen und kritischen Gesamtausgaben, die eine unverzichtbare Grundlage der wissenschaftlichen Forschung und Lehre darstellen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften unterhält internationale Kontakte und veranstaltet Symposien zu aktuellen Themen der Forschung, u.a. im Bereich der Ökologie und der Medizin. Die 39 an und bei der Akademie angesiedelten Kommissionen betreuen derzeit 124 Forschungsprojekte. Zusätzlich betreiben zwei dieser Kommissionen wissenschaftliche Einrichtungen: das in der Münchner Innenstadt gelegene Leibniz-Rechenzentrum und das in Garching angesiedelte Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung.