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Eine möglichst rasche Sicherung der archäologischen Grabungsstätten im Irak ist unbedingt notwendig: Militärische Präsenz allein genügt nicht, um die weitere Zerstörung der 'Wiege der Menschheit' zu verhindern. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften und die Deutsche Orient Gesellschaft e.V. bitten die Öffentlichkeit daher um finanzielle Unterstützung irakischer Archäologen.

 

 

17/03
16. Juni 2003

Eine möglichst rasche Sicherung der archäologischen Grabungsstätten im Irak ist unbedingt notwendig: Militärische Präsenz allein genügt nicht, um die weitere Zerstörung der 'Wiege der Menschheit' zu verhindern. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften und die Deutsche Orient Gesellschaft e.V. bitten die Öffentlichkeit daher um finanzielle Unterstützung irakischer Archäologen.

Das Irak-Museums in Bagdad wurde vor 2 1/2 Monaten von Chaoten und Plünderern verwüstet, einzigartige Exponate wurden gestohlen oder vorsätzlich zerstört. Augenzeugen berichteten, dass die Fußböden übersät waren mit zerschlagenen und zersplitterten Schätzen aus dem Altertum; das Bild der weinenden Vizedirektorin des Museums ging um die Welt.

In einem von der UNESCO in Paris am 17. April 2003 organisierten Tagung warnten Experten vor einem Ausverkauf des irakischen Kulturerbes und forderten unter anderem, dass "alle Museen, Büchereien, Archive, Monumente und Ausgrabungsstätten im Irak unverzüglich bewacht und gesichert werden". Das Museum in Bagdad steht mittlerweile tatsächlich unter Militärschutz und eine Spezialeinheit ist mit der Suche nach den geraubten Kunstgegenständen beschäftigt. 3000 Stücke fehlen noch immer, ebenso wie 33 Artefakte aus der Hauptsammlung. Die Ausgrabungsstätten sind nach wie vor Ziel von Raubgrabungen, bei denen nicht nur die Kunstgegenstände entwendet werden, sondern auch die Stätten selbst zerstört werden. Die UNESCO hält es daher kurzfristig für geboten, "Rettungsgrabungen an den archäologischen Stätten durchführen zu lassen." Diese sollten von "ausgewiesenen Expertenteams" geleitet werden, auch "mit Hinsicht auf die Verhinderung illegaler Ausgrabungen und der Beschädigung oder Plünderung der gefährdeten Stätten".

Einer der drei Experten, die von deutscher Seite an der internationalen Tagung der UNESCO teilgenommen haben, ist Prof. Dr. Barthel Hrouda, emeritierter Professor der Vorderasiatischen Archäologie. Als ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der dort angesiedelten "Kommission für Keilschriftforschung und Vorderasiatische Archäologie" hat er selbst mehrere Grabungen geleitet, z.B. in der alten babylonischen Stadt Isin, Irak. Bei der UNESCO-Tagung in Paris wies Prof. Hrouda darauf hin, dass der Erhalt der Ausgrabungsstätten und noch stehender Monumente unbedingt gewährleistet werden müsse. Hierfür solle eine Liste besonders schützender Monumente von der Expertenkommission der UNESCO erstellt werden. Als Beispiele nannte Hrouda u.a. Hatra und Ktesiphon. Hatra ist im Norden des Irak, ca. 80 km südlich von Mossul gelegen. Die Hauptstadt des Partherreiches wurde 116 v.Chr. von Trajan eingenommen. Sie besaß einen runden Grundriss und in ihrem Mittelpunk lag der Tempel des Sonnengottes. Bei den Ausgrabungen (zuerst deutsche, dann irakische u. italienische) wurden neben vielen zum Teil überlebensgroßen Steinfiguren weitere Heiligtümer und Palastanlagen mit herrlichen Bogeneingängen (sog. Liwanen) und mit Steinplatten verzierte Fassaden freigelegt.

Ktesiphon als Hauptstadt des Sassanidenreiches, das 32 km südöstlich von Bagdad liegt, wurde 627 von den Arabern erobert und verfiel nach der Gründung Bagdads allmählich. Außerhalb lag der Königspalast mit dem sog. Taq-i -Kisra, der als Teil der Westfassade des Palastes erhalten blieb, aber jetzt sehr einsturzgefährdet ist.

Ein weiteres bedrohtes Monument ist der Rest des ehemaligen Stufenturmes, der sogenannte Zikkurat von Borsippa, dem heutigen Birs Nimrud. Dieses imposante Bauwerk aus dem ersten Jahrtausend vor Christus, das noch heute eine Höhe von ca. 50 m aufweist, wurde häufig von Fremdenführern als Turm von Babylon bezeichnet, gewissermaßen als Ersatz  für den bekanntlich durch Alexander den Großen bereits im 4. Jh .v.Chr. abgetragenen Turm im benachbarten Babylon.

Bislang hat die UNESCO lediglich die Ruinen der Partherstadt Hatra als Weltkulturerbe deklariert, auf der "Roten Liste" des Welterbes fehlt der Irak. Eine Überarbeitung dieser Listen steht noch aus, ebenso wie die Ausbildung speziell geschulter Sicherheitskräfte, die diese Monumente und Ausgrabungsstätten vor weiteren Plünderungen und Beschädigungen schützen. Dies wird jedoch erst geschehen, wenn finanzielle Mittel hierfür im Irak zur Verfügung stehen.

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften bietet Kollegen im Irak schon jetzt Unterstützung an: Sobald eine Expedition zu den Ausgrabungsstätten reisen kann, ist die „Kommission für Keilschriftforschung und Vorderasiatische Archäologie“ bereit, die Aufstellung eines ausgewiesenen Expertenteams zu übernehmen. Enge Kontakte zu Archäologen im Irak bestehen schon aufgrund früherer gemeinsam durchgeführter Grabungen, die letzte liegt nur 2 Jahre zurück. Was bereits jetzt vorbereitet werden kann, ist die Finanzierung von Konservierungen antiker Baudenkmäler sowie Rettungsgrabungen. Dies sollte auch von deutscher Seite geschehen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften bittet die Öffentlichkeit daher um Spenden für die Ausrüstung einer deutsch-irakischen Expedition, damit diese so bald wie möglich starten kann. Die Einwerbung von Mitteln, die einem konkreten Forschungsauftrag dienen, ist Teil der Aufgaben, denen sich die Bayerische Akademie der Wissenschaften laut ihrer Satzung verpflichtet hat.

Spenden können auf das Konto der Deutschen Orient Gesellschaft e.V. überwiesen werden.
Konto Nr. 202 517 900, BLZ 100 400 00 Berliner Commerzbank AG.
Stichwort: Wissenschaftliche Hilfe für den Irak
 

Die Kommission für Keilschriftforschung und Vorderasiatische Archäologie

der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gibt das Reallexikon für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie (RlA) heraus , dessen Einzugsbereich das Verbreitungsgebiet der Keilschrift schreibenden Kulturen (Mesopotamien, Nordsyrien, Anatolien) samt ihren Randgebieten im 3. bis 1. Jahrtausend v. Chr ist.

Zu den "Realien" zählen bedeutende Persönlichkeiten, Götter, Orte und Ausgrabungsstätten sowie Sachbegriffe (z.B. Kauf, Mischwesen, Musik), die jeweils philologisch und archäologisch bearbeitet werden. Die Artikel sind unter deutschem Stichwort deutsch, englisch oder französisch abgefasst; neben dem Text finden sich Abbildungen, Skizzen und Pläne. Das Werk wendet sich außer an die engeren Fachkreise auch an Historiker, Rechtsgeschichtler, Religionswissenschaftler oder Ethnologen.

Das RlA hat keinen Vorläufer, auf dem es aufbauen konnte. Es hat sich international zum unentbehrlichen Hilfsmittel entwickelt.

Archäologische Ausgrabungen in Vorderasien

Die Kommission beteiligte sich u.a. an archäologischen Ausgrabungen im Irak. Dieses Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und dient der Überprüfung der Ergebnisse aus der ersten deutschen Ausgrabung in Assur (1903-1914). Dabei gibt es folgende Schwerpunkte:

a) Untersuchung der Wohnbebauung und struktureller Veränderungen im Stadtgebiet von der mittelassyrischen bis zur neuassyrischen Zeit (ca. 15./14. Jh. bis 7. Jh. v. Chr.).

b) Erforschung der am wenigsten bekannten, ältesten Perioden in der Geschichte der Stadt (2. Hälfte des 3. - 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.).

c) Überprüfung der gesamten Stratigraphie der Ruine von der Mitte des 3. Jahrtausend v. Chr. bis zum islamischen Mittelalter (13./14. Jh. n. Chr.).

Die letzten Ausgrabungen wurden kurz vor dem Golfkrieg 1989/90 von Prof. Dr. Barthel Hrouda begonnen und in den Jahren 2000 und 2001 von Priv.-Doz. Dr. Peter A. Miglus fortgesetzt. Aus organisatorischen Gründen ist die Leitung derzeitig an den Universitäten in Halle und Heidelberg angesiedelt. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften und die Deutsche Orient-Gesellschaft zu Berlin übernahmen die Schirmherrschaft über das Projekt.

Über die Ergebnisse der ersten Kampagnen können Sie sich im Internet unter http://www.assur.de/ informieren.
Eine neue Grabung ist in Nordostsyrien geplant. Die Leitung ist dem Ak. Dir. Dr. Johannes Boese, Universität Saarbrücken anvertraut.


Zur Keilschriftforschung:

Priv.-Doz. Dr. Peter A. Miglus
Ausgrabungstätigkeit in Assur im Rahmen des Gemeinschaftsvorhabens (Universität Halle, Bayerische Akademie der Wissenschaften,
Deutsche Orient-Gesellschaft) Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie
Marstallhof 4
69117 Heidelberg
Tel. 06221 543415
Fax 06221 542526
E-Mail: Peter.Miglus@urz.uni-hd.de

Ak. Dir. Dr. Johannes Boese
Geplante Ausgrabung im Nordosten Syriens.
Universität des Saarlandes
Vor- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie
Adresse (privat):
Mainzer Str. 23
66611 Saarbrücken
Tel.: 0681 62750


Kooperationspartner "Wissenschaftliche Hilfe für den Irak":

Die Deutsche Orient-Gesellschaft ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Die satzungsgemäßen Zielen der DOG sind:

1.) Die Erforschung von Geschichte und Kulturen des Vorderen Orients und ihrer Einflussbereiche von den Anfängen bis zum Mittelalter
2.) Die Verbreitung von Forschungsergebnissen aus dem Vorderen Orient und die Belebung des Interesses an diesen Kulturen in der Öffentlichkeit

http://www.orientgesellschaft.de/

Die Ziele der DOG sollen in der Hauptsache erreicht werden durch:

  • Veranstaltung oder Unterstützung wissenschaftlicher Untersuchungen in den Ländern des Vorderen Orients, insbesondere die Vorbereitung und Durchführung archäologischer Feldforschung
  • Planung und Durchführung von wissenschaftlichen Arbeiten zu bestimmten Themenkreisen, vor allem in interdisziplinärer Zusammenarbeit
  • Vorbereitung und Herausgabe wissenschaftlicher Publikationen
  • Unterstützung der auf Forschung und Öffentlichkeit gerichteten Arbeit von Museen, vorrangig der Museen Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Vermittlung von Forschungsergebnissen an die Öffentlichkeit durch Herausgabe geeigneter Schriften und durch Medienarbeit

1. Vorsitzender der Deutschen Orient Gesellschaft:

Prof. Dr. Hans Neumann
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Institut für Altorientalische Philologie und Vorderasiatische Altertumskunde
Rosenstraße 9
48143 Münster

Spendenkonto:
Deutsche Orient Gesellschaft e.V.
Berliner Commerzbank AG
Konto-Nr.: 202 517 900
BLZ 100 400 00

Stichwort: Wissenschaftliche Hilfe für den Irak

Sie können Ihre Spende von der Steuer absetzen: Auf Wunsch stellt Ihnen die Deutsche Orientgesellschaft für Spenden ab 100 Euro eine Zuwendungsbestätigung aus, die Sie Ihrem zuständigen Finanzamt vorlegen können. Bei Spenden bis zu 100 EUR reicht ein Einzahlungsbeleg der Bank zur Vorlage beim Finanzamt aus.