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10/01

Nicht nur Nobelpreisträger

20. Band der Neuen Deutschen Biographie erschienen

 

 

10/01
29. Mai 2001

20. Band der Neuen Deutschen Biographie erschienen

Es ist geschafft: Der mittlerweile 20. Band der Neuen Deutschen Biographie (NDB) liegt vor. Der jüngste Band des bekannten historisch-biographischen Lexikons der Persönlichkeiten und Familien aus dem deutschen Sprach- und Kulturraum enthält exakt 853 Artikel, angefangen mit der Familie Pagenstecher bis hin zu dem Patrizier und Bücherfreund Jakob Püterich von Reichertshausen. Die NDB wird von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben und stellt eines der geisteswissenschaftlichen Langzeitforschungsprojekte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften dar. Allerdings bildet die Neue Deutsche Biographie nicht allein ein Arbeitsinstrument für Wissenschaftler, sondern wendet sich auch an eine historisch interessierte Öffentlichkeit.

Das zeigt sich bereits in der Konzeption des in den meisten Bibliotheken im deutschsprachigen Raum vorhandenen Nachschlagewerks: Es informiert in prägnanten, wissenschaftlich fundierten Lebensbildern über verstorbene Personen des deutschen Sprach- und Kulturraums. Gemeinsam ist diesen Personen, dass sie maßgeblichen Einfluss auf die politische, soziale, wissenschaftliche, religiöse, künstlerische, wirtschaftliche oder technische Entwicklung ausgeübt haben. Mit dem 20. Band der NDB liegen jetzt insgesamt nahezu 18.000 biographische Artikel von weit mehr als 8000 qualifizierten Autoren vor.

Persönlichkeiten aus 14 Jahrhunderten

Chronologisch umfasst der 20. Band etwa 14 Jahrhunderte von dem im Jahr 640 verstorbenen fränkischen Hausmeier Pippin bis zu dem Verleger Klaus Piper, der am 25. März 2000 starb. Das Stichjahr für das Sterbedatum, das von Band zu Band kontinuierlich vorrückt, liegt jetzt beim 1. Juli 2000. Wiederum sind viele Persönlichkeiten erstmals lexikalisch behandelt.

Geographisch umfasst die NDB schwerpunktmäßig Deutschland, Österreich und die Schweiz, doch durch die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche und Geburtsorte der einzelnen Persönlichkeiten dehnt sich der Aktionsradius auch auf Italien, Böhmen, Ungarn, Bosnien, das Banat, Russland, Dänemark, Schweden, die Niederlande, England, Frankreich, das Elsass, Ägypten und das weitere Afrika, Argentinien, Mexiko und nicht zuletzt Nordamerika aus. Es zeigt sich, dass besonders die durch den Nationalsozialismus erzwungene Emigrationswelle einer intellektuellen Elite dazu geführt hat, dass deren Fähigkeiten und innovatives Potential außerhalb von Deutschland ein neues Milieu fanden.

Unter den Autoren des 20. Bandes befinden sich zwar dieses Mal keine Nobelpreisträger – wie früher Max von Laue; doch sind aktuell immerhin fünf der neuen Artikel Nobelpreisträgern gewidmet. Wohl wegen des Zufalls des Alphabets handelt es sich dabei exklusiv um Chemiker und Physiker: Max Planck (1918/19), Fritz Pregl (1923), Wolfgang Pauli (1945), Vladimir Prelog (1975) und Wolfgang Paul (1989). Eine besondere Stärke der NDB sind freilich gerade die Artikel, die in anderen Lexika noch nicht hinreichend dokumentiert sind, dabei auch viele weniger bekannte Unternehmer, Techniker und Naturwissenschaftler umfassend.

Entsprechend dem Standard für Nationalbiographien zeichnet sich die NDB konsequent aus durch die Nennung von Namensvarianten (wie Pseudonymen), exakten Lebensdaten, Grabstätten, genealogischen Informationen, durch möglichst zuverlässige Lebensläufe und eine historische Einordnung sowie durch Auswahlbibliographien unter besonderer Berücksichtigung der maßgeblichen und aktuellen Literatur und Werkverzeichnisse und Hinweise auf Auszeichnungen, Quellen, Nachlässe und Porträts.

Demnächst mit digitalem Register

Der Band wird durch ein Personenregister erschlossen, das teilweise auch im Internet unter abgefragt werden kann. Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft wird in Zusammenarbeit zwischen dem Münchner Digitalisierungszentrum an der Bayerischen Staatsbibliothek und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und mit Unterstützung durch den Verlag Duncker & Humblot auch ein Gesamtregister vorbereitet. Dieses wird sowohl für die Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) als auch für die NDB erweiterte Recherchen, z.B. auch nach Epochen, sozialer Stellung, Berufsgruppen, Konfession erlauben und erstmals ein komplettes Autorenverzeichnis enthalten. Dieses kumulierte digitale Register soll ab dem nächsten Jahr der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Einen wichtigen Platz in NDB 20 nehmen mehrere Könige des Frankenreichs (Pippin), des Römisch-deutschen Reichs (Philipp) und Böhmens (Otokar Premysl) ein. Darüber hinaus sind größere Artikel den Piasten und den Premysliden, den Grafen von Peilstein, den Fürsten von Pleß, den Adelsfamilien von Preysing, von Plettenberg und von Pechmann, der Baumeister- und Bildhauerfamilie Parler, den Pereira-Arnstein, den Unternehmern Poensgen, Porsche, Polysius, Prym und Pschorr, den Verlegern Perthes, Pichler, Pierer und Piper gewidmet. Allein für die äußerst vielseitige Familie Pringsheim liegen sieben Einzelartikel vor. Neben Darstellung und Würdigung von Leben und Werk werden detaillierte Informationen zur Familie, zu Grabdenkmälern, Mitgliedschaften, Auszeichnungen, Quellen, Primär- und Sekundärliteratur und Portraits genannt. Dies gilt insbesondere auch für solche Personen, die trotz beträchtlicher Leistungen einer breiteren Öffentlichkeit bisher weniger bekannt und dementsprechend zum Teil auch nur mit großem Forschungsaufwand zu dokumentieren sind. Abgerundet wird der Band durch ein 52-seitiges Namensregister mit mehr als 5500 Einträgen.

Selbstverständlich gibt es eine enge Zusammenarbeit der an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften angesiedelten Redaktion mit Kollegen in Österreich, in der Schweiz, in der Tschechischen Republik, in Frankreich und vielen anderen Ländern. Insgesamt haben an dem jetzt vorliegenden 20. Band mehr als 500 Autoren aus sieben Ländern mitgewirkt. Eine vollständige Übersicht ist ebenfalls im Internet zu finden. Zu den Mitarbeitern zählen unter anderem der Präsident der Monumenta Germaniae Historica, Rudolf Schieffer, der Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Gisbert Freiherr von Putlitz, und der Rechtshistoriker Peter Landau, als Mitglieder der Historischen Kommission außerdem ihr ehemaliger Sekretär Dieter Albrecht, der frühere Hauptschriftleiter Karl Otmar Freiherr von Aretin sowie Knut Borchardt, Heinz Duchhardt, Rudolf Morsey und Helmut Neuhaus. Seit 1998 wird die NDB von dem Münchner Zeithistoriker Hans Günter Hockerts herausgegeben.

Hinweis für die Redaktionen:

Das vollständige Inhaltsverzeichnis des 20. Bandes der NDB kann jetzt auch im Internet eingesehen werden. Buchbestellungen (bzw. die Bitte um Zusendung von Rezensionsexemplaren) können an den Verlag Duncker & Humblot, Carl-Heinrich-Becker-Weg 9, 12165 Berlin, Tel. 030/79 00 06-0, Fax 030/79 00 06 31 gerichtet werden.

Neue Deutsche Biographie, für die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hrsg. v. Hans Günter Hockerts. 20. Band: Pagenstecher – Püterich, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2001,
XVI und 816 Seiten,  € 102,-, Hldr. € 122,-
ISBN 3-428-00201-6 bzw. 3-428-00289-X