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Leibniz Extreme Scaling Award an VERTEX vergeben

Zum vierten Mal führte das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den „Extreme Scaling Workshop“ zur Optimierung der anspruchsvollsten Programme auf dem Höchstleis-tungsrechner „SuperMUC“ durch. In einem sehr starken Feld setzte sich das Programm „VERTEX“ des Max-Planck-Instituts für Astrophysik durch. Im „Leibniz-Jahr“ 2016 vergibt Arndt Bode, Leiter des LRZ, erstmals den „Leibniz Extreme Scaling Award“ an Andreas Marek für das VERTEX-Team.

 

 

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07. März 2016

Zum vierten Mal führte das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den „Extreme Scaling Workshop“ zur Optimierung der anspruchsvollsten Programme auf dem Höchstleis-tungsrechner „SuperMUC“ durch. In einem sehr starken Feld setzte sich das Programm „VERTEX“ des Max-Planck-Instituts für Astrophysik durch. Im „Leibniz-Jahr“ 2016 vergibt Arndt Bode, Leiter des LRZ, erstmals den „Leibniz Extreme Scaling Award“ an Andreas Marek für das VERTEX-Team.

„Es ist unwürdig, die Zeit von hervorragenden Leuten mit knechtischen Rechenarbeiten zu verschwenden, weil bei Einsatz einer Maschine auch der Ein-fältigste die Ergebnisse sicher hinschreiben kann.“ Gottfried Wilhelm Leibniz, deutscher Mathematiker und Universalgelehrter, dessen Tod sich am 14. November dieses Jahres zum 300. Mal jährt, schrieb diesen Satz. Und er handelte. Ihm gelang als Erstem die Konstruktion einer Rechenmaschine, die alle vier Grundrechenarten beherrschte. Mit ihr konnte man Fließkommazahlen addieren, subtrahieren, multiplizieren und erstmals auch dividieren. Diese „Floating Point Operations“ sind immer noch das Maß der Dinge, wenn es um „knechtische Rechenarbeiten“ geht. Der Höchstleistungsrechner SuperMUC am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, schafft über 3.000.000.000.000.000 – in Worten: 3 mal 10 hoch 15 – davon in einer Sekunde, also über 3 Petaflops. Und das gleich zwei Mal, einmal in dem Rech-nerteil, der 2012 in Betrieb ging und noch einmal im Ausbau „Phase 2“, der 2015 in Betrieb genommen wurde.

Mehrere Exaflop, tausend Mal mehr, also 10 hoch 18 dieser Rechenoperationen brauchte das Programm VERTEX während eines Laufes von einer Stunde und doch ist es das schnellste, das auf SuperMUC läuft. Dreizehn internationale Projektteams trafen sich in dieser Woche am Rechenzentrum in Garching, um gemeinsam mit den Experten des LRZ und der Herstellerfirmen der Hard- und Software ihre Programme für den SuperMUC gründlich zu durchleuchten und auf Spitzenleistung zu trimmen. Dafür zeichnete das LRZ das Team hinter VERTEX mit dem neugeschaffenen Leibniz Extreme Scaling Award aus. Ihnen und den anderen Teams gelang es, ihre Programme zu extremer Skalierung zu optimieren, d.h. so zu verbessern, dass bis hinauf in extreme Rechenanforde-rungen die Ausnutzung des Rechners optimal ist.

Vielfältige Anwendungsgebiete: Supernovae, Wettervorhersage, Medizin

VERTEX simuliert Supernovae, die gigantischen Explosionen, die das Leben massiver Sterne beenden und dabei ganze Galaxien für Wochen überstrahlen können. Dabei entstehen neben Neutronensternen und Schwarzen Löchern auch die Atome, aus denen die Erde und wir Menschen bestehen. Und es entstehen dabei möglicherweise auch messbare Mengen Neutrinos und Signale von Gravitationswellen. Natürlich sind auch die Wissenschaftler hinter VERTEX vom Max-Planck-Institut für Astrophysik auf der Suche nach diesen kürzlich erstmals nachgewiesenen Wellen.

Die anderen Programme tragen so illustre Namen wie HemeLB, waLBerla, LISO, MPAS, SWIFT, GADGET oder GHOST. Gar nicht geisterhaft sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die dahinter stehen. Sie kommen aus den verschiedensten Ländern Europas und der Welt. Die Projekte sind in München und Erlangen zu Hause oder in Darmstadt, Greifswald, Dresden, London, Durham und Valencia. Auch die Anwendungsgebiete sind vielfältig.

MPAS ist ein Modell zur Wettervorhersage, das eine kilometergenaue Simulati-on sogar einzelner Alpentäler mit der großen weltweiten Wetter- und Klimaentwicklung kombiniert und so sehr genaue lokale Vorhersagen ermöglicht.

HemeLB und waLBerla sind sogenannte Lattice-Boltzmann-Codes. Was sich so abstrakt anhört, kann für manche von uns konkret lebensrettend sein. Mit diesen Programmen wird der Blutfluss im Körper, insbesondere in den gefährlichen Aneurysmen untersucht. Diese Aneurysmen sind Ausbuchtungen in den Blutgefäßen, die unter Umständen platzen können und dann Schlaganfälle und andere lebensbedrohliche Zustände auslösen. Ärzte müssen entscheiden, ob es gefährlicher ist, die Aneurysmen zu operieren oder abzuwarten. Diese Entscheidung ist sehr heikel. Simulationen sollen ihr eine bessere Basis geben. Zwar braucht man für diese Simulationen heute noch einen Supercomputer, aber in nicht allzu ferner Zukunft kann man die Berechnung dann in der Klinik durchführen und sich die Bilder sofort ansehen.

Extreme Scaling Workshops: Generalcheck für den SuperMUC

Seit einigen Jahren bieten die Rechnerexperten des LRZ die Extreme Scaling Workshops an, bei denen Programme, die schon sehr gut auf dem Höchstleistungsrechner laufen, dahin gebracht werden sollen, extrem gut zu skalieren. Das Ziel ist, möglichst große, reale Anwendungsfälle der Simulationen mit möglichst vielen der vorhandenen Prozessoren so effizient wie möglich rechnen zu können. Der Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen rechtfertigt den Aufwand. So wurde in einem früheren Extreme Scaling Workshop das Programm SeisSol von Geophysikern der Ludwigs-Maximilians-Universität München so hervorragend optimiert, dass es bei der Supercomputing Conference 2014 für den „Gordon Bell Award“ als einer von fünf Finalisten nominiert wurde.

Für das LRZ ist der Workshop die Gelegenheit, den Höchstleistungsrechner selbst wieder einmal auf Herz und Nieren zu untersuchen. Weil der SuperMUC während dieser Tage und Nächte nur für diese Projekte zur Verfügung steht, die man sehr genau kennt und weil diese Programme den gesamten Rechner nutzen, kann man bei diesen Läufen sehr gut Probleme und Fehler im Rechner, d.h. in der Hardware, der Software, den Kommunikationssystemen, den Dateisystemen aufdecken und untersuchen. Das kommt dem anschließenden Betrieb mit vielen verschiedenen Programmen sehr zugute.

Auch für den Steuerzahler lohnt sich der Aufwand: die Verbesserungen der Programme sparen eine Menge Geld. Die optimierten Versionen der Programme, die den gesamten SuperMUC für ihre Forschung auslasten können, sparen so an Rechenzeit und Energie ein Viertel der Kosten. Bei den hohen Kosten eines solchen Forschungsgerätes und des Stroms für seinen Betrieb summieren sich schnell ein paar Millionen Euro, die man sparen oder für andere Forschungsprojekte nutzen kann. Dies gilt auch ganz konkret für den Freistaat Bayern, der die meisten Projekte von bayerischen Universitäten, die am Workshop beteiligt waren, im Kompetenznetzwerk für wissenschaftliches Höchstleistungsrechnen in Bayern KONWIHR gefördert hat.


Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften auf dem Forschungscampus in Garching bei München ist der Dienstleister auf dem Ge-biet der Informationsverarbeitung für die Münchner Hochschulen. Es stellt mit dem Münchner Wissenschaftsnetz (MWN) eine leistungsfähige Kommunikationsinfra-struktur für die Wissenschaften bereit und betreibt umfangreiche Datensicherungssys-teme (Archivierung und Backup). Darüber hinaus ist das LRZ nationales Supercompu-ting Centre und Teil des Gauss Centre for Supercomputing, das von den drei nationalen Höchstleistungsrechenzentren (Garching, Jülich, Stuttgart) gebildet wird.


Kontakt:
Dr. Ludger Palm
Leibniz-Rechenzentrum (LRZ)
Boltzmannstr. 1
D-85748 Garching
E-Mail: presse@LRZ.de
Tel: +49 89 35831 8792