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Klinische Versorgungsdaten im Fokus: Tagung betont die Bedeutung von Qualität, Standards und Vernetzung für die Gesundheitsforschung

Am 13. Dezember fand in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) eine hochkarätige Fachtagung zur Nutzung klinischer Versorgungsdaten für die Gesundheitsforschung statt. Unter dem Titel „Klinische Daten im Fokus: Innovation durch exzellente Qualität, Standards und Vernetzung“ diskutierten über 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Gesundheitswesen, Industrie, Forschung und Patientenverbänden über die Voraussetzungen für eine effektivere Nutzung dieser Daten in Deutschland.

Die Veranstaltung wurde von der BAdW gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK), dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) und Dierks+Company organisiert. „Die Diskussion der Experten unserer Tagung hat gezeigt, dass wir im internationalen Vergleich zwar immer noch gewaltigen Nachholbedarf bezüglich der Datennutzung haben, allerdings dabei sind, aufzuholen. Die neue Gesetzgebung erlaubt schon jetzt mehr Forschung als zuvor, nun gilt es die neuen Möglichkeiten auch zu nutzen“, stellte Christian Dierks (Dierks+Company) nach der Veranstaltung fest.

Als Ergebnis der Tagung wurden drei Kernbotschaften formuliert:

1. Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Potenzial der Nutzung klinischer Versorgungsdaten in der Forschung

Aufklärung. Durch Aufklärung und Information über die Bedeutung von Datenqualität für Innovation und Forschung werden Vertrauen und Bereitschaft zur Verfügungstellung und Nutzbarmachung der individuellen Daten gesteigert.
Teilhabe. Die fortwährende Einbindung und Mitbestimmung von Patientinnen und Patienten im Dialog mit relevanten Akteuren schafft Bewusstsein für Verantwortung in der Gewährleistung von Datenqualität und die positiven Auswirkungen der Nutzung klinischer Daten auf die Versorgungsqualität.
Sicherheit. Durch klare rechtliche Rahmenbedingungen für jeden Schritt und jede Schnittstelle in der Data Journey sind die Integrität und Sicherheit von klinischen Daten gewährleistet.

2. Verbesserung der Datenqualität durch Erhöhung der Vielfalt und Verfügbarkeit von Patientendaten zur Unterstützung der (KI-gestützten) Forschung

Datenqualität. Die für die Forschung erforderliche Datenqualität wird durch Vollzähligkeit, Vollständigkeit, Validität und Aktualität gewährleistet.
Vielfalt. Die Integration vielfältiger Datenquellen aus Versorgung, Forschung und Industrie verbessert die Datenqualität und damit die Signifikanz der Ergebnisse klinischer Studien.
Verfügbarkeit. Die Implementierung einer geeigneten Infrastruktur und klarer regulatorischer Grundlagen für den Zugang und die Nutzung von Versorgungsdaten ermöglicht Innovationen. 

3. Stärkung der Interoperabilität durch Implementierung einheitlicher Standards und Prozesse in der sektorübergreifenden Versorgung

Technische Standards. Die verpflichtende Anwendung einheitlicher technischer Standards gewährleistet einen nahtlosen Datenfluss zwischen den Akteuren und Sektoren.
Standardisierte Prozesse. Standardisierte Prozesse und Datensätze erhöhen die Interoperabilität der Systeme auch mit unterschiedlichen Zwecksetzungen.
Sektorübergreifende Versorgung. Die Standards und Prozesse müssen sektorübergreifend vereinheitlicht werden.

 

Datenqualität als Schlüssel zu Innovationen in der Gesundheitsforschung
Ein zentrales Ergebnis der Tagung ist die Bedeutung einer hohen Datenqualität. Versorgungsdaten, wie sie in elektronischen Patientenakten oder Krankenhausinformationssystemen vorliegen, bieten enormes Potenzial für medizinische Innovationen und eine bessere Patientenversorgung, müssen aber schon bei ihrer Erfassung den Aspekt der sekundären Nutzung zur medizinischen Forschung berücksichtigen. Diskutiert wurden Wege, um Daten vollzählig, vollständig, validiert und aktuell zu halten – wesentliche Voraussetzungen, um belastbare Forschungsergebnisse zu gewährleisten und Verzerrungen zu vermeiden.

„Die Nutzung qualitativ hochwertiger und vielfältiger Versorgungsdaten ist unerlässlich, um die Gesundheitsforschung in Deutschland voranzubringen und neue Wege in der Patientenversorgung zu eröffnen“, betonte Daniel Rückert, Professor für KI in der Medizin an der TU München und Mitglied der Ad hoc-AG „KI in der Medizin“ der BAdW, in seiner Eröffnungsrede. Hierbei sollen vor allem standardisierte Prozesse und eine gemeinsame Infrastruktur unterstützen, die den Zugang zu den Daten für die Forschung vereinfachen und sicherstellen.

Wissenschaftsminister Markus Blume betonte anlässlich der Veranstaltung: „Daten teilen, Menschen heilen: Medizinische Daten sind der Schlüssel zu direkt auf den Patienten abgestimmter Diagnostik und Therapie und entscheidende Grundlage für medizinische Spitzenforschung. Unsere eigene bayerische Gesundheitsdaten-Cloud und ihr weiterer Ausbau sind Blaupause für eine sichere Dateninfrastruktur in der Medizin. Herzlichen Dank an unsere bayerischen Spitzenforschungseinrichtungen, die sich hier mit ihrem herausragenden Knowhow einbringen.“

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach betonte anlässlich der Tagung: „Die Sammlung gesundheitsrelevanter Daten und ihre Auswertung eröffnen ungeheure Chancen – für die Forschung, aber auch für eine bessere Versorgung. Ihren vollen Nutzen können digitale Innovationen aber nur entfalten, wenn die Anwendungen in der Praxis funktionieren und die Gesellschaft sie auch akzeptiert. Wir wollen in Bayern als agiler Vorreiter in der Vernetzung und Nutzung von Gesundheitsdaten vorangehen. Fortschritt durch Digitalisierung und innovative Technologien sind daher wesentliche Komponenten in Projekten, die wir fördern, um Bayern stark für die Zukunft aufzustellen.“

Interoperabilität und Datensicherheit im Fokus
Die Panel-Diskussionen hoben zudem die Bedeutung der Interoperabilität hervor. Einheitliche, verpflichtende technische, syntaktische und semantische Standards und sektorübergreifende Prozesse sind entscheidend für einen effizienten Datenaustausch, so die Expertinnen und Experten. Ein interoperabler Datenaustausch ermöglicht nicht nur eine lückenlose medizinische Versorgung, sondern fördert auch die Forschung, indem er eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren ermöglicht. Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte ist ein wichtiger Schritt zur Interoperabilität getan, weitere müssen jedoch folgen, insbesondere um einen sektorübergreifenden Austausch strukturierter Gesundheitsdaten zu ermöglichen.
Weiterhin wichtig ist der Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten. Klare rechtliche Vorgaben und innovative technische Sicherheitsmaßnahmen wurden als zentrale Bausteine identifiziert, um Vertrauen in die Nutzung von Gesundheitsdaten zu schaffen. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit betont, Patientinnen und Patienten für die positiven Auswirkungen der Nutzung klinischer Daten in der Forschung auf die Versorgungsqualität zu sensibilisieren. Durch die Aufklärung über die Vorteile eines sicheren und effizienten Datenaustauschs – wie etwa präzisere Diagnosen, individuellere Therapien und Vermeidung von Überversorgung – können nicht nur Bedenken abgebaut, sondern auch die Akzeptanz für die Nutzung von Gesundheitsdaten gestärkt werden. Nur durch transparente Prozesse und ein hohes Maß an Sicherheit können so das Vertrauen der Öffentlichkeit gewonnen und der wissenschaftliche Fortschritt gleichzeitig unterstützt werden.

Bavarian Cloud for Health Research – Ein Modell für die Zukunft
Ein wichtiger Unterpunkt der Tagung war die Bavarian Cloud for Health Research, ein wegweisendes Projekt zur Nutzung von Gesundheitsdaten in Bayern. Diese Plattform wird den Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdaten für die Forschung erleichtern und die Anwendung innovativer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen.

KI-gestützte Forschung als vielversprechender Ansatz
Ein besonderes Thema war das Potenzial der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Gesundheitsforschung. Die Expertinnen und Experten diskutierten, wie KI-gestützte Methoden Versorgungsdaten analysieren und nutzen können, um personalisierte Therapien zu entwickeln, Krankheitsverläufe präziser vorherzusagen und Ressourcen effizienter einzusetzen. Voraussetzung hierfür ist eine hohe Datenqualität sowie die Förderung von Infrastruktur und Standards, die die Anwendung von KI erleichtern.

Patientenbeteiligung und Vertrauen als Basis für den Erfolg
Ein weiteres Kernthema der Tagung war die aktive Einbindung der Patientinnen und Patienten. Nur durch klare Kommunikation und transparente Aufklärung können Menschen motiviert werden, ihre Daten für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. Nach den neuen Regeln des europäischen Gesundheitsdatenraums soll auch über die Vorteile der Forschung mit pseudonymisierten Daten aufgeklärt werden. Der Dialog zwischen Forschenden, Politik und Patientinnen wurde als zentraler Baustein für den zukünftigen Erfolg der Gesundheitsforschung herausgestellt.

Über die Bayerische Akademie der Wissenschaften
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, gegründet 1759, ist die größte und eine der forschungsstärksten Landesakademien in Deutschland. Mit ihrer interdisziplinären Ausrichtung und ihrem Engagement in der Beratung von Politik und Gesellschaft ist sie hervorragend geeignet, die komplexen Herausforderungen der Datenqualität im Gesundheitswesen zu adressieren. Unter der Leitung des Nuklearmediziners Markus Schwaiger vereint die Akademie fundierte Expertise aus Medizin, Informatik und Ethik mit ihrer Tradition als Impulsgeberin für wissenschaftliche Innovationen und gesellschaftlich relevante Themen wie Datenqualität und Interoperabilität als Schlüssel für zukunftsweisende Gesundheitsforschung.

Über das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK)
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) vereint mit seiner Zuständigkeit für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen fundierte Expertise, um zur Diskussion über die Bedeutung von Datenqualität im Gesundheitswesen beizutragen. Als Förderer innovativer Forschungsprojekte schafft das Ministerium die Rahmenbedingungen für interdisziplinäre Ansätze, die technologische und gesellschaftliche Fragestellungen miteinander verbinden. Unter der Leitung von Markus Blume bringt das StMWK eine strategische Perspektive ein, die wissenschaftliche Innovationen und deren praktische Umsetzung im Gesundheitsbereich unterstützt – eine Schlüsselkompetenz, um Innovation durch exzellente Qualität, Standards und Vernetzung zu fördern.

Über das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP)
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) ist durch seine Zuständigkeit für das Gesundheitswesen des Freistaats Bayern bestens geeignet, die Diskussion über die Bedeutung von Datenqualität im Gesundheitswesen zu führen. Seit seiner Gründung im Jahr 2013 widmet sich das Ministerium zentralen Fragen der Gesundheitsversorgung, einschließlich Krankenhäuser, Arzneimittelwesen und Pflege, und ist dabei direkt mit den Herausforderungen der digitalen Transformation konfrontiert. Unter der Leitung von Staatsministerin Judith Gerlach, die seit November 2023 im Amt ist, bringt das StMGP nicht nur regulatorische Expertise, sondern auch eine klare politische Perspektive ein. Das Ministerium verbindet strategische Steuerungskompetenz mit praktischen Erfahrungen aus der Umsetzung von Maßnahmen im Gesundheitswesen und ist dadurch bestens aufgestellt, um innovative Lösungen für eine verbesserte Datenqualität zu fördern – ein zentraler Faktor für Patientensicherheit, Selbstbestimmung und die Zukunftsfähigkeit der Versorgung.

Über Dierks+Company
Dierks+Company bringt als interdisziplinäre Beratungsfirma eine einzigartige Kombination aus juristischer Expertise und strategischer Beratung mit, um die Diskussion über Datenqualität im Gesundheitswesen maßgeblich zu bereichern. Seit ihrer Gründung im Jahr 2018 begleiten Christian Dierks und Juliana Dierks mit ihrem Team die Entwicklung innovativer Lösungen für den Gesundheitssektor. Mit ihrer tiefen Kenntnis regulatorischer Anforderungen und ihrer Erfahrung in der Unterstützung von Pharma-, Diagnostik- und Medizinprodukteherstellern sowie Anbietern digitaler Gesundheitslösungen ist Dierks+Company bestens qualifiziert, praxisnahe Perspektiven auf zentrale Herausforderungen wie Datenqualität, Compliance und digitale Transformation einzubringen.