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Jahresfeier 2006 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
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03. November 2006
Erster Rechenschaftsbericht des neuen Präsidenten und Verleihung hochdotierter wissenschaftlicher Preise sowie ein Festvortrag über Diktatoren im 20. Jahrhundert von Prof. Hans Maier bilden die Höhepunkte der Feier am 2. Dezember 2006 im Münchner Herkulessaal.
Seit 1. Januar 2006 ist der neue Akademiepräsident, der Würzburger Rechtshistoriker Prof. Dr. Dietmar Willoweit im Amt. In seinem ersten Jahresbericht kann er einige besondere Marksteine hervorheben. Dazu zählt ohne Zweifel die Einweihung des Neubaus für das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching am 21. Juli 2006. In Beisein von Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Ministerpräsident Edmund Stoiber wurde zugleich der neue nationale Höchstleistungsrechner in Bayern offiziell in Betrieb genommen. Am Forschungsstandort München steht jetzt einer der leistungsstärksten, zivil genutzten Computer der Welt zur Verfügung, der in der zweiten Ausbaustufe im Sommer 2007 eine Peak Performance von über 60 Teraflops leisten kann.
Willoweit sprach mehrere wichtige Zukunftsaufgaben und Anliegen der Akademie an: eine Initiative "Junge Wissenschaft in Bayern", deren Finanzierung zu den dringlichsten Anliegen des kommenden Jahres gehört; die Aufgaben der Geisteswissenschaften im allgemeinen und das Verhältnis von Natur- und Geisteswisschaften im besonderen; Veranstaltungen für die Öffentlichkeit.
Außerdem kann Willoweit Erfreuliches über die engagierte z.T. ehrenamtliche - Arbeit in den Akademiekommissionen berichten, die ihre Arbeit zur Bewahrung und Erschließung des kulturellen Erbes und zur langfristigen Beobachtung von naturwissenschaftlichen Phänomenen vorangetrieben haben. Diese Arbeit schlägt sich in vielen Veröffentlichungen nieder, die im Laufe des Jahres vorgelegt werden konnten.
Intensiviert wurde die Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen am Hochschulstandort München. Erst vor wenigen Tagen wurde eine offizielle Kooperationsvereinbarung mit der Universität München unterzeichnet, mit der die seit jeher bestehende enge Verbindung der beiden Wissenschaftseinrichtungen auf eine institutionelle Grundlage gestellt wird. U.a. wird darin die Beteiligung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Akademie an Lehrveranstaltungen der Universität geregelt. Schon jetzt ist die Akademie über ihre Schelling-Kommission und die Kommission für deutsche Literatur des Mittelalters an dem Elitestudiengang „Historische Kunst- und Bilddiskurse“ in die Lehre an der Universität eingebunden. Gefördert werden soll durch die Kooperation auch die Drittmitteleinwerbung durch Akademie-Mitglieder, die zugleich dem Lehrkörper der Universität München angehören. Außerdem wird die Akademie die Durchführung von Studienabschluss- und Doktorarbeiten an ihren Einrichtungen, wie z.B. am Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung, unterstützen.
Ein wichtiges Instrument der Nachwuchsförderung ist auch die Verleihung von wissenschaftlichen Preisen anlässlich der Feierlichen Jahressitzung im Herkulessaal der Münchner Residenz. Zum ersten Mal vergeben wurde der "Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling-Preis“, der mit 25.000 Euro am höchsten dotierte Preis der Akademie. Ebenfalls zum ersten Mal konnte ein vom Rotary-Club München-Hofgarten gestifteter Preis ausgehändigt werden, mit dem besondere Leistungen wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Akademie gewürdigt werden.
Preisträger 2006
AKADEMIEPREIS
Dr. phil. Friedhelm Kemp, geb. 11.12.1914, wohnhaft in München
ehemals Leiter der Literarischen Abteilung des Bayerischen Rundfunks in Münchenfür sein Lebenswerk als Germanist und Romanist, als Meister der literarischen Übersetzung, als Herausgeber bedeutender Werke und Briefe der deutschen Literatur von Barock bis zur Gegenwart und als Verfasser des monumentalen Werks „Das europäische Sonett“. Dieser Preis wird jährlich an Persönlichkeiten vergeben, die nicht hauptberuflich wissenschaftlich tätig sind. (Laudatio)
MAX-WEBER-PREIS – Philosophisch-historische Klasse
Prof. Dr. Elisabeth Stark, geb. 07.07.1969, wohnhaft in Berlin
Professorin für Romanische Sprachwissenschaft (Schwerpunkt Italianistik) an der Freien Universität zu Berlin
für ihre Habilitationsschrift „Indefinitheit und Textkohärenz in alttoskanischen Texten“, die als herausragende sprachwissenschaftliche Leistung anzusehen ist. (Laudatio)
ARNOLD-SOMMERFELD-PREIS – Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Dr. Markus Betz, geb. 28.06.1974, wohnhaft in München
Habilitand am Physik-Department E 11 der TU München
für seine Arbeiten auf den Gebieten der Nanotechnologie und der Femtosekunden-Lasersysteme, die von besonderer Relevanz für die technische Anwendung von Halbleitern und die Entwicklung moderner elektronischer Hochgeschwindigkeits-Bauelemente sind. (Laudatio)
ROBERT-SAUER-PREIS
Frau PD Dr. med. Marianne Brigitte Müller, geb. 5. November 1969, wohnhaft in München
Oberärztin in der Klinik des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie
für ihre außerordentlichen Leistungen bei der Untersuchung von Mechanismen der Stressregulation unter physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen, mit denen sie auch die Fähigkeit gezeigt hat, den experimentellen und den klinischen Bereich erfolgreich zu verbinden und maßgeblich zum Gelingen interdisziplinärer biometrischer Projekte beizutragen. (Laudatio)
ROTARY-PREIS
Dr. Christine Steininger, geb. 18. Januar 1964, wohnhaft in München
wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kommission für die Herausgabe der deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit (Münchner Abteilung)
in Anerkennung besonderer wissenschaftlicher Leistungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Herausgabe des Bandes „Die Inschriften der Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662“. (Laudatio)
FFRIEDRICH WILHELM JOSEPH VON SCHELLING-PREIS
Prof. Dr. Gerhard Abstreiter, geb. 27. November 1946, wohnhaft in Kirchdorf
Ordinarius für Experimentelle Halbleiterphysik am Walter Schottky Institut der Technischen Universität München
für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Physik und Technologie von Halbleiter-Hetero- und Nanostrukturen. (Laudatio)
Außerdem zeichnet die Akademie in diesem Jahr Prof. Dr. Heinz Gumin, den Vorsitzenden des Stiftungsvorstands der Carl Friedrich von Siemens Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Bayern, mit der Medaille "BENE MERENTI“ in Silber aus. (Laudatio)
Festvortrag von Hans Maier
Den diesjährigen Festvortrag hält der frühere Wissenschafts- und Kultusminister Hans Maier, em. o. Professor für Christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturtheorie an der Universität München und seit 2004 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er spricht zum Thema:
„Apotheose und Denkmalsturz. Diktatoren im 20. Jahrhundert“
Das 20. Jahrhundert hat einen militanten Herrscher- und Führerkult hervorgebracht. Er überstieg alles, was bis zum Ersten Weltkrieg im Umgang zwischen Obrigkeit und Untertanen üblich war. Politische Führer wurden zu messianischen Figuren; ihre Bildnisse gewannen magische Macht über die Menschen, sie zogen Bewunderung, Verehrung, Anbetung auf sich. In häuslichen Formaten drangen sie in den Alltag ein. Die totalitären Regime steigerten das Herrscherlob in Höhen empor, wie sie seit dem Untergang der Antike niemand mehr betreten hatte und betreten wollte. Man kann von einer Wiederkehr der antiken Herrscherapotheose im 20. Jahrhundert sprechen.
Umso tiefer war der Sturz der Diktatoren – plötzlich und definitiv im Fall Mussolinis und Hitlers, zögernd und ambivalent im Fall Stalins und Maos.
Wer auf das „Jahrhundert der Gewalt“ zurückblickt, kommt um eine aktuelle Frage nicht herum: Ist dieser Denkmalsturz endgültig? Sind wir gegen Exzesse der Staatsvergötzung und des totalitären Personenkults in Zukunft besser gefeit? (Text zum Download)
Hinweis
Fotos von der Jahresfeier können Sie über die Pressestelle der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Presse@badw.de, Tel.: 089/23031-1141) beziehen.