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Grönlands wachsende Eisschichten verstärken den Schmelzwasserabfluss und sorgen für eine Erhöhung des Meeresspiegels

Glaziologen der BAdW sind Mitautoren eines aktuellen Papers in der Fachzeitschrift Nature.

Immer mehr Meter dicke, wasserundurchlässige Schichten aus Eis bilden sich im Innern von Grönlands Eisschild aus - und zwar dort, wo sich normalerweise poröser Firn befindet.

Poröser Firn fungiert normalerweise als Schmelzwasserspeicher. Die Eisschichten verhindern jedoch das Eindringen des Wassers und folglich fließt das aufkommende Schmelzwasser ins umliegende Meer – und trägt so zu einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels bei, berichtet ein internationales Forschungsteam, darunter auch Glaziologen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature. (https://www.nature.com/articles/s41586-019-1550-3)

Die weitere Ausbreitung dieser Eisschichten, könnte allein bis zum Jahr 2100 sieben bis 30 Zentimeter zusätzlichen Meeresspiegelanstieg bedeuten – je nach verwendeter Klimaprognose, schlussfolgert Mike MacFerrin von der Uni Boulder in Colorado, USA, Erstautor der Studie, an der auch Wissenschaftler der BAdW beteiligt sind. Im Jahr 2000 war die Abflusszone rund um Grönland etwa so groß wie das Land Polen. Zwischen 2001 und 2013 wuchs dieser Bereich um rund 65.000 Quadratkilometer zusätzlich rein aufgrund der wachsenden Ausbreitung von Eisschichten. Dies entspricht ungefähr einem durchschnittlichen Anstieg von zwei Fußballfeldern pro Minute.

Eine weitere Erwärmung des Klimas würde dabei die Schmelzwasserrückwirkungen verstärken und die Eisschichten weiterwachsen lassen, schlussfolgern die Studienautoren in der Pressemitteilung der Uni Boulder. Es handle sich dabei um einen Schneeballeffekt, der bei weiterem Schmelzen mehr Eisschichten erzeugt, die dann wieder ein weiteres Schmelzen begünstigen.

Dabei treten solche Schmelzereignisse in Grönland immer häufiger auf, zuletzt auch in Rekorddimensionen: Im Juli 2012 schmolzen oberflächlich 97 Prozent des gesamten grönländischen Eisschildes. Und diesen Sommer gab es erneute Rekordschmelzen: Zwischen Ende Juli und Anfang August wurden die Abflussmengen zeitweise auf zehn bis zwölf Milliarden Tonnen pro Tag geschätzt – damit reichen die Werte ziemlich nah an das Rekordjahr 2012 heran.

„Im Rekordjahr 2012 führten die aufgetauchten Eisschichten zu einer dunkleren Oberfläche in den höheren Lagen Grönlands. Die dunklere Oberfläche absorbierte mehr Sonnenstrahlung und daher wurde die Schmelze verstärkt. Wachsende Eisschichten bedeuten, dass solche Ereignisse mit verheerenden Auswirkungen auf die Massenbilanz der grönländischen Eisdecke immer häufiger auftreten werden “, prognostiziert C. Charalampidis von der BAdW.

Diese Prozesse verändert die gegenwärtige und zukünftige Hydrologie des Eisschildes grundlegend. Solche arktischen Rückkopplungen sind kritisch zu verstehen, denn sie zeigen, wie sehr und wie schnell ein sich erwärmendes Klima die am stärksten gefährdeten Regionen der Erde verändern kann.

Zum aktuellen Zustand der Kryosphäre, dem gefrorenen Teil unserer Welt, stellte der Weltklimarat IPCC am 25. September seinen Sonderbericht „Ozeane und Kryosphäre im Klimawandel (SROCC)“ vor.