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Gandhāra: neues Licht auf eine alte Kultur
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30. Januar 2013
Gandhāra, die historische Grenzregion im Nordwesten Pakistans zu Afghanistan, steht im Mittelpunkt der Ausgabe 1/2013 der Zeitschrift 'Akademie Aktuell'. Ein neues Forschungsprojekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, das die sensationellen Quellenfunde der letzten Jahre auswertet, lässt neue Erkenntnisse zur Blütezeit des Buddhismus in der Region im 1. Jahrhundert n. Chr. erwarten.
In unserer Wahrnehmung dominiert heute das Bild einer Krisenregion, wenn von Pakistan und Afghanistan die Rede ist. Sensationelle Quellenfunde der letzten 20 Jahre lassen die Geschichte der Region jedoch in einem neuen Licht erscheinen: Der Fernhandel auf der Seidenstraße führte im 1. Jahrhundert n. Chr. zu Reichtum, und Ideen verbreiteten sich von hier aus in den Osten bis nach China und Japan. Gandhāra spielt daher für die Entwicklung des Buddhismus zu einer Weltreligion eine Schlüsselrolle diese kulturelle Prägung ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten.
Die frühbuddhistischen Handschriften aus der Region, die seit den 1990er Jahren aufgetaucht sind, werden derzeit in München ediert. Die neue Ausgabe von Akademie Aktuell stellt neben Geschichte und Kultur Gandhāras auch das Editionsprojekt vor und zeigt, wie schwierig die Arbeit mit teils mehr als 2000 Jahre alten Handschriften auf Palmblättern oder Birkenrinde ist. Richard Salomon gibt eine Einführung in das Projekt, das an der LMU München durchgeführt wird, Harry Falk erklärt in einem historischen Überblick, warum Gandhāra ein faszinierender Treffpunkt der Kulturen war. Stefan Baums stellt die Schriftkultur Gandhāras vor, die die ältesten bewahrten Handschriften des Buddhismus hervorgebracht hat. Gudrun Melzer gibt einen Einblick in die Blütezeit der buddhistischen Kunst der Region, die maßgeblich an der Entwicklung der Buddhadarstellung beteiligt war. Jens-Uwe Hartmann belegt, warum der Norden Pakistans und Teile Afghanistans fast ein Jahrtausend lang geradezu eine Hochburg des Buddhismus waren.
Im Zentrum des Editionsprojektes stehen die spektakulären Quellenfunde aus Gandhāra. Ingo Strauch stellt die Handschriften vor, einen verloren geglaubten Schatz, der erstmals ein umfassendes Licht auf die literarische Grundlage des Buddhismus in der Region wirft. Oskar von Hinüber erklärt, warum die Wiederentdeckung der Sprache Gandhari, in der die Handschriften verfasst sind, auch für die indische Sprachgeschichte große Bedeutung hat. Stefan Baums und Andrew Glass stellen das erste Wörterbuch der Gandhari vor, das derzeit unter Nutzung moderner Technologien und Standards entsteht. Andrea Schlosser erklärt schließlich, warum es vom Fund der Handschriften bis zur Edition ein weiter Weg ist: Viele Arbeitsschritte sind nötig, bis die Texte rekonstruiert sind und wissenschaftlich ausgewertet werden können.
Die Zeitschrift Akademie Aktuell wird herausgegeben von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Vier Themenhefte pro Jahr stellen aktuelle Forschungsvorhaben der Akademie und ihrer Mitglieder vor. Die Zeitschrift kann kostenfrei über die Pressestelle der Akademie bezogen werden.
Das Gandhāra-Projekt wird am kommenden Donnerstag, 31. Januar 2013, um 11 Uhr im Senatssaal der LMU München öffentlich vorgestellt. Medienvertreter sind herzlich zu der Veranstaltung eingeladen.