12/02
Die Informationstechnik unterwegs zur Geisteswissenschaft
12/02
25. November 2002
Öffentlicher Vortrag von Heinz Zemanek, Emeritierter Professor der Nachrichten- und Computertechnik, Wien, korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am 2. Dezember 2002 um 19 Uhr im Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Es klingt seltsam: eine Technik sei unterwegs zur Geisteswissenschaft. Aber die Informationstechnik ist keine Technik wie andere. Durch die Verschmelzung von Nachrichtentechnik und Computertechnik entstanden, macht sie Zeit und Distanz bedeutungslos und läuft den klassischen Informationsmitteln wie Buchdruck oder Briefpost den Rang ab. Dabei hat ein völlig unauffälliger Schritt den Computer zur Sprachmaschine gemacht: die Erweiterung des Arbeitszeichensatzes von 10 Ziffern auf 128, auf 256 Zeichen. Goethes Faust wurde dadurch ebenso computerfähig wie Homer im Urtext. Heute laufen bereits mehr Texte durch die Computer als Ziffernscharen.
Der Informationstechniker ist ein Ingenieur für abstrakte Objekte, der nicht nur Programmiersysteme zu entwerfen hat, sondern für die erfolgreiche Anwendung im geisteswissenschaftlichen Bereich von diesen nicht unerhebliche Kenntnis haben müsste. Mehr noch: Solche Anwendung nähert sich dem Wesen nach immer mehr einer Geisteswissenschaft. Denn die Verarbeitung hat mit dem Umfeld des Verarbeiteten weit mehr zu tun, als es in den Anfängen aussieht.
Das heißt aber nichts anderes, als dass die Informationstechnik die Hilfe der Geisteswissenschaften braucht, dass von ihnen aus starke Impulse in die Entwicklung kommen müssen. Schließlich ist der Computer in vieler Hinsicht ein Machtinstrument Für High-Tech ist auch High-Moral erforderlich. Auch in dieser Richtung möchte dieser Vortrag nachdenklich machen.