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08/2024

Deutschlands erster hybrider Quantencomputer am Leibniz-Rechenzentrum

• Am LRZ wurde erstmals ein Quantencomputer mit einem Höchstleistungsrechner, dem SuperMUC-NG, verbunden.

• Der Quantencomputer basiert auf supraleitenden Schaltkreisen, bietet die Leistung von 20 Qubits und stammt von IQM Quantum Computers.

• Die Testläufe waren erfolgreich und zeigen, dass beide Technologien zusammen funktionieren: SuperMUC-NG und das Quantensystem kooperieren.

• Das BMBF fördert mit 40 Millionen Euro diesen Meilenstein der IT namens Q-Exa, sowie die Entwicklung von Schnittstellen und Software.

• Das LRZ öffnet das hybride System demnächst für Forschungszwecke: Q-Exa stärkt die Spitzenposition Deutschlands in den Quantentechnologien und fördert insbesondere die Entwicklungsarbeiten an der Zukunftstechnologie im Munich Quantum Valley.

 

Am LRZ startet eine neue Ära: Erstmals wurde ein Quantenprozessor (QPU) in einen High-Performance Computer integriert. An dieser Aufgabe arbeiten IQM Quantum Computers, Eviden und HQS Quantum Simulation gemeinsam mit dem Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften seit 2022. Nun präsentiert das Konsortium der Öffentlichkeit das erste hybride, einsatzfähige System namens Q-Exa. Darin wurde ein 20-Qubit-Prozessor von IQM Quantum Computers, der auf Basis supraleitender Schaltkreise funktioniert, mit klassischer Rechnertechnologie verbunden. Q-Exa ist folglich nicht in einem Labor installiert, sondern steht erstmals in direkter Nähe zu den Supercomputern im LRZ und kann demnächst von Forschenden im Pilotbetrieb für Experimente und zur Entwicklung von Algorithmen oder Wissenschaftscodes genutzt werden. Miteinander verbunden tauschen SuperMUC-NG und Q-Exa testweise bereits Aufträge aus und beweisen so, dass beide Technologien zusammenarbeiten und noch tiefer miteinander verbunden werden können. 

Schneller Zugriff aufs Quantencomputing
Q-Exa ist ein Ergebnis des Projektes „Quantencomputer-Erweiterung für Exascale-HPC“ (Q-Exa). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert mit rund 40 Millionen Euro die Integration von Quantum Processing Units (QPU) auf Basis von supraleitenden Schaltkreisen in einen Supercomputer, sowie die Entwicklung von innovativen Schnittstellen, nützlichen Steuerungswerkzeugen und Software. Wissenschaft und Forschung sollen durch innovatives Co-Design und die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie möglichst schnell Zugriff auf eine aussichtsreiche Zukunftstechnologie bekommen, die neue Rechenmethoden ermöglicht.

Quantencomputer, so eine Hoffnung, sollen größte Datenmengen schneller verarbeiten und auf neuen Wegen Lösungen für Probleme finden, die zum Beispiel in der Molekularchemie oder Batterieforschung, im Transport- oder Finanzwesen heute noch nicht zu klären sind. Denn diese innovativen Systeme rechnen nicht nur auf Basis von 0 und 1. Ihre kleinsten Recheneinheiten, die Qubits, verschränken sich miteinander, nehmen dabei weitere Zustände an und ermöglichen so komplexere Analysen und Berechnungen. Allerdings sind sie schwer zu stabilisieren, auch an grundlegenden Programmierumgebungen und Software zur Steuerung und Kontrolle dieser Computer wird noch gearbeitet. Im Zusammenspiel mit Hochleistungsrechnern sollen Quantencomputer einerseits alltagstauglich werden. Andererseits können sie Supercomputer umgekehrt beschleunigen und helfen, Leistungsgrenzen zu überwinden, die heute weder mit bekannter Prozessortechnologie noch mit Methoden Künstlicher Intelligenz (KI) zu schaffen sind.

Innovation und Integration im Team
Die Qaptiva von Eviden mit ihren integrierten Quantenemulatoren unterstützt dabei die Integration. Mit ihr wurde ein digitaler Zwilling des 20-Qubit-Chips von IQM Quantum Computers implementiert. Damit konnten Schaltungen designt, kontrolliert und optimiert werden. Dieser digitale Zwilling wird nun auch der Nutzergemeinschaft helfen, ein besseres Verständnis für die Arbeitsweisen des hybriden Systems zu entwickeln und eigene Codes oder Algorithmen auszuprobieren.

Zum hybriden Q-Exa-System entwickelten Spezialistinnen von LRZ und Partnerinstitutionen des Munich Quantum Valley zudem den Prototyp des Munich Quantum Software Stacks (MQSS). Seine Tools integrieren Quantensysteme in die Workflows von Supercomputern wie den SuperMUC-NG, koordinieren den Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Technologien sowie die Berechnungen des Quantenprozessors. Der MQSS wird in Zukunft noch um weitere Quantentechnologien ergänzt werden, neben der Hardware steht dieses Programmpaket Forschenden bald als Open Source-Version zur Verfügung.

HQS Quantum Solutions steuert zum MQSS wiederum einen ersten, praktischen Anwendungsfall bei: Das Startup aus Karlsruhe entwickelte eine Software, mit der auf quantenbeschleunigten Supercomputern die Zusammensetzung neuer Materialien und chemischer Stoffe berechnet und simuliert werden kann. 

Mit Q-Exa, dem MQSS sowie ersten praktischen Anwendungen sind die Grundlagen zur Erforschung und Weiterentwicklung des Quantencomputings sowie zur Beschleunigung des HPC durch QPU geschaffen: Platziert in den Rechnerräumen des LRZ tauschten SuperMUC-NG und das verbundene Quantensystem bereits testweise Daten und einfache Algorithmen aus. Aufträge von SuperMUC-NG nahm das Quantensystem an und spielte die Resultate zurück. Im Folgenden wird das hybride System nun auf den Alltagsbetrieb im LRZ vorbereitet. Online werden ausgewählte Forschende bald darauf zugreifen und damit experimentieren können. 

Stimmen aus der Pressekonferenz 

„Die Mission Quantencomputing fliegt im Bayern-Tempo: Die weltweit erste Vollintegration eines Quantencomputers in einen klassischen Supercomputer ist ein internationaler Durchbruch und stärkt den Freistaat als globalen Hotspot für eine der prägenden Technologien des 21. Jahrhunderts! Die Entwicklung des Q-Exa-Rechners ist ein überragender Erfolg des Leibniz-Rechenzentrums, der Firma IQM und ihrer Partner sowie unserer mit 300 Millionen Euro aus der Hightech Agenda Bayern ausgestatteten Forschungs- und Technologiekooperation Munich Quantum Valley – und trotzdem nur der Anfang: Der nächste Meilenstein wird die Öffnung des Q-Exa-Systems am LRZ in einem Pilotbetrieb für Forschende sein. Diese können dann eigene Anwendungsideen erproben und weiterentwickeln. So können die klügsten Köpfe unseres Landes an heute noch undenkbaren Lösungen für Probleme in verschiedensten Bereichen von der Medizin über Materialwissenschaften bis zum Finanzwesen forschen. Die Zukunft wird in Bayern gemacht!“
Markus Blume, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

"Q-Exa ist der erste Meilenstein für die Integration von Quantencomputern in das High-Performance-Computing. Wir sind sehr stolz auf diese gemeinsame Leistung des Q-Exa-Konsortiums und hoffen, dass wir mit diesen Partnern die nächste Generation unserer Prozessoren weiter optimieren und damit das Supercomputing und die Wissenschaft bereichern können.”
Dr. Jan Goetz, Geschäftsführer und Mitgründer IQM Quantum Computers 

„Wir bauen gerade an der Zukunft der IT. Q-Exa ist ein Schlüsselprojekt für unsere Aktivitäten im LRZ Quantum Integration Centre, QIC, und zeigt den Erfolg von Co-Design. Mit unseren Partnern haben wir es in kurzer Zeit geschafft, den ersten Quantencomputer in unsere Supercomputer zu integrieren und für den Einsatz in der Wissenschaft zu befähigen – wir sind schon sehr gespannt darauf, wie sich das hybride System im Arbeitsalltag bewährt und wie wir damit die Zukunftstechnologie Quantencomputing weiterentwickeln können.“
Prof. Dieter Kranzlmüller, Leiter des LRZ

„Q-Exa bündelt zwei besondere Stärken des Hightech-Standorts Bayern – Höchstleistungsrechnen und Quantencomputing – in Deutschlands erstem hybriden Quantencomputer. Für die Forscherteams des Munich Quantum Valley (MQV) und ihre Partner aus der Industrie schafft diese wichtige Innovation einmalige Möglichkeiten für die Entwicklung von neuartigen Quantenalgorithmen und die Implementierung von vielversprechenden Anwendungsfällen.“ 
Prof. Dr. Rudolf Gross, Managing Director, Munich Quantum Valley e.V.  


Technische Details Q-EXA: 
•    20-Qubit-Quantenprozessor von IQM Quantum Computers
•    Quantenvolumen (QV) 32
•    Verschränkter Greenberger-Horne-Zeilinger (GHZ)-Zustand mit 19 Qubits ohne Auslesefehlerminderung (readout error mitigation)
•    Vollständig verschränkter 20-Qubit-GHZ-Zustand mit Auslesefehlerminderung (readout error mitigation)
•    Eine mittlere Zwei-Qubit-Gate-Treue (Fidelity) von 99,46 % über 30 Qubit-Paare, wobei die maximale Treue über ein einzelnes Paar bis zu 99,74 % erreicht
•    Mittlere Ein-Qubit-Gate-Treue von 99,94 % gemittelt über 20 Qubits, wobei die maximale Treue für ein einzelnes Qubit bis zu 99,95 % beträgt.


Über das LRZ
Das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist seit über 60 Jahren der kompetente IT-Partner der Münchner Universitäten und Hochschulen so-wie wissenschaftlicher Einrichtungen in Bayern, Deutschland und Europa. Es bietet die komplette Bandbreite an IT-Dienstleistungen und -Technologie sowie Beratung und Support - von E-Mail, Webserver, bis hin zu Internetzugang, virtuellen Maschinen, Cloud-Lösungen und dem Münchner Wissenschaftsnetz (MWN). Mit dem Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG gehört das LRZ zu den international führenden Supercomputing-Zentren und widmet sich im Bereich Future Computing schwerpunktmäßig neu aufkommenden Technologien, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning sowie Quantencomputing.
 

Über IQM Quanten Computers:   

IQM ist weltweit führend im Bau von Quantencomputern. IQM bietet Quantencomputer vor Ort für Supercomputing-Zentren, Unternehmen und Forschungslabore an und unterscheidet sich durch vollen Zugang zu seiner Hardware. 

IQM hat auch ein Quantencomputer-Cloud-Angebot "IQM Resonance". Zu den kommerziellen Quantencomputern von IQM gehören Finnlands laufendes kommerzielles 50-Qubit-Quantencomputer Entwicklungsprojekt mit VTT, der HPC-Quantenbeschleuniger (Q-Exa) des von IQM geführten Konsortiums in Deutschland. IQM-Prozessoren werden auch im ersten Quantenbeschleuniger in Spanien eingesetzt. IQM beschäftigt über 290 Mitarbeiter und hat Niederlassungen in Palo Alto, Warschau, Paris, Madrid, München, Singapur und Espoo.   

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Foto zum Download (Copyright: Veronika Hohenegger / LRZ)