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Das Historische Kolleg informiert: Bundespräsident verlieh Preis des Historischen Kollegs 2010 an Christopher Clark

SPERRFRIST: 5.11.2010, 18.15 Uhr Bundespräsident Christian Wulff zeichnete Prof. Dr. Christopher Clark (* 1960 in Sydney), Professor für Modern European History am St. Catherine's College in Cambridge, am 5. November 2010 im Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit dem

 

 

30/10
05. November 2010

SPERRFRIST: 5.11.2010, 18.15 Uhr Bundespräsident Christian Wulff zeichnete Prof. Dr. Christopher Clark (* 1960 in Sydney), Professor für Modern European History am St. Catherine's College in Cambridge, am 5. November 2010 im Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit dem

"Die Verfasser der Preisstatuten scheinen geradezu einen Gelehrten wie Christopher Clark im Auge gehabt zu haben", so Helmut Neuhaus (Erlangen) in seiner Laudatio, wenn es dort heiße, auch Historiker aus dem Ausland könnten ausgezeichnet werden "wenn sie ein für die Geschichtswissenschaft besonders bedeutsames Werk veröffentlicht haben, das in deutscher Sprache erschienen ist." Der Preisträger, der unter anderem von 1985 bis 1987 an der Freien Universität Berlin studiert habe, sei, das zeige ein Blick auf seine Veröffentlichungen, ein Experte für die preußische Geschichte. Die Summe seiner Forschungen ziehe er in dem 2007 veröffentlichten Buch "Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947" (Deutsche Verlagsanstalt: München 2007, 896 S., Paperback: Pantheon: München 2008; Originaltitel: Iron Kingdom. The Rise an Downfall of Prussia. 1600-1947, Allen Lane / Penguin Books 2006), für das ihm jetzt vornehmlich der Preis verliehen wurde.

Auf die rhetorische Frage "Noch ein Buch über Preußen?" antwortet der Laudator mit einem eindeutigen "Ja, und ein notwendiges dazu!". Clark setze in seinem Werk, an moderne Fragestellungen der letzten Jahrzehnte anknüpfend, ganz eigene Akzente: "Seine Prämisse – 'Die Wahrheit ist, dass Preußen ein europäischer Staat war, lange bevor es ein deutscher wurde' eröffne eine so noch nicht eingenommene Perspektive mit überraschenden Aus- und Einblicken, die nicht ohne Konsequenzen für die Sicht auf Preußen und sein Verhältnis zu Deutschland und Europa blieben. Seine die Forschung belebende Hauptthese, dass Deutschland 'nicht die Erfüllung Preußens [war], sondern sein Verderben', entwickelt und begründet er in 17 Kapiteln auf 800 Seiten". Dabei, so Neuhaus weiter, zeige er sich bewundernswert vertraut mit den großen Linien und ebenso mit unendlich vielen Details der preußischen Geschichte über dreieinhalb Jahrhunderte hinweg. Er entwickle in seinem Werk eine Vielzahl biographischer Miniaturen, zu Friedrich dem Großen, zu Bismarck oder Kaiser Wilhelm II. Anekdoten wie die vom Berliner Stadtstreicher Friedrich Wilhelm Voigt, besser bekannt als "Hauptmann von Köpenick", dienten ihm dazu, große Sachthemen – hier den Militarismus der Wilhelminischen Zeit – zu entfalten. Das Urteil des Laudators mündet in den Satz: "Seine Art von Geschichtserzählung, immer wieder auch in den Künsten, in Architektur und Literatur gespiegelt, fasziniert den Leser und darf nicht zuletzt deutschen Historikern als Vorbild gelten."

Lothar Gall, der Kuratoriumsvorsitzende des Historischen Kollegs, brachte seine Freude zum Ausdruck, dass der ursprünglich von der Deutschen Bank gestiftete und 1983 erstmals vergebene Preis heuer bereits zum zehnten Mal verliehen werden konnte. Mit dem Preis wurden Alfred Heuß, Arno Borst und Johannes Fried, Reinhart Koselleck, Thomas Nipperdey und Wolfgang Reinhard, Jan Assmann, 2004 Michael Mitterauer und zuletzt 2007 Gerhard A. Ritter ausgezeichnet.

Die Dotierung stellte in diesem Jahr die Alfred und Cläre Pott-Stiftung zur Verfügung. Klaus Liesen, der Vorsitzende der auf den Gründer der Ruhrgas AG in Essen zurückgehenden Stiftung, blickte in seinem Grußwort auf die Motive zurück, die 1980 den Ausschlag für die Gründung des Historischen Kollegs gegeben hatten, an der er als damaliger Präsident des Stifterverbandes beteiligt gewesen war: Damit sollte ein Zeichen gegen den beobachteten Verlust des Geschichtsbewusstseins gesetzt werden "in der Überzeugung, dass ‚die Gegenwärtigkeit des Vergangenen ein Fundament menschlichen Daseins ist’ – wie es der erste Träger des Historikerpreises, Alfred Heuß, 20 Jahre zuvor in seiner Schrift 'Verlust der Geschichte' ausgedrückt hatte".

Der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Wolfgang Heubisch, betonte, dass die Bayerische Staatsregierung stolz darauf sei, dass das Historische Kolleg, diese einzigartige Einrichtung der historischen Forschung, seinen Sitz seit dreißig Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt München habe. Für die Bayerische Staatsregierung erklärte der Minister, der Freistaat Bayern stehe auch im kommenden Doppelhaushalt (2011/2012) zu seinem Engagement beim Historischen Kolleg. Angesichts der Schwierigkeiten, neue private Geldgeber für das Kolleg zu gewinnen, formulierte er "als Bayer und Münchner" den Appell, die private Finanzierung des Kollegs nicht nur den "Preuß’n" zu überlassen und forderte bayerische Unternehmen und Stiftungen auf, sich zu engagieren.

Seinen Festvortrag widmete Christopher Clark dem Thema "Preußenbilder im Wandel".

Das Historische Kolleg, gegründet 1980, ist ein "Institute for Advanced Study" der historisch orientierten Wissenschaften. Mit einjährigen Stipendien bietet es hervorragend qualifizierten Gelehrten aus dem In- und Ausland die Möglichkeit, für die Dauer eines Jahres, frei von anderen Verpflichtungen, in der Kaulbach-Villa in München in unmittelbarer Nähe zur Bayerischen Staatsbibliothek ein Buch zu vollenden. Seit der Gründung sind ca. 120 Stipendiatinnen und Stipendiaten in den Genuss der Förderung gelangt. Vor 30 Jahren vom Stiftungsfonds Deutsche Bank und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in München als Einrichtung der Eliteförderung gegründet, ist das Kolleg seit dem Jahr 2000 eine "public-private-partnership". Der Freistaat Bayern stellt die Grundfinanzierung zur Verfügung. Die Stipendien werden von Stiftungen, derzeit von der Fritz Thyssen Stiftung und der Gerda Henkel Stiftung, und von Unternehmen finanziert.