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Wortweise: Hundstage

Sternbild "Großer Hund"
(Foto: Chaouki/Flickr)

In unserer Online-Rubrik „Wortweise“ erklären Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Akademie Begriffe aus ihren Forschungsvorhaben. Heute: Dr. Michael Schnabel vom Bayerischen Wörterbuch über die „Hundstage“.


Mei, is des a Hitz!, sagt man in Altbayern, wenn im Sommer die Sonne sonnenstichverdächtig kräftig vom weiß-blauen Himmel blecht (scheint). Oder auch: Heit is bruati (brütig) hoaß!

Schweißtriefende Klagen dieser Art sind besonders in der letzten Juliwoche und den ersten drei Wochen des Augusts zu hören, die in unseren Breiten als die heißeste Zeit des Jahres gelten und landläufig die Hundstage genannt werden. Diese Bezeichnung hat nicht etwa – wie man volksetymologisch mutmaßen könnte – damit zu tun, dass in diesen Tagen nicht nur der Mensch, sondern auch manch ganzkörperbehaarter Vierbeiner Erfrischung im kühlen Nass sucht. Namengebend ist vielmehr das Sternbild Großer Hund (Canis major), dessen hellster Stern der Hundsstern (Sirius, auch Canicula) ist. Im Römischen Reich hießen die Tage des Großen Hundes (23. Juli bis 23. August) dies caniculares.

Herrscht während der Hundstage wirklich „hundstägliches“, also hochsommerliches Wetter, freut sich der Landwirt, denn eine Bauernregel besagt: Hundstag, hell und klar, bringen ein gutes Jahr. Ist das Wetter nicht so gut, ärgert er sich: Triabe Aussicht an d’Hundstog, triabe Aussichtn s restliche Johr. Richtig grantig wird er, wenn es in diesen Tagen ununterbrochen regnet: Dös hand (sind) d’Hundstäg zwoamoi (zweimal)!

Letzterer aus Altötting stammender Sprachbeleg ist in zweifacher Weise interessant:

Erstens irritiert der Umlaut in -täg (statt -tag bzw. mundartlich -tog). Aus linguistischer Sicht lässt sich diese Erscheinung aber leicht erklären: Das unbetonte -e des Plurals Tage ist im Dialekt weggefallen, sodass eine Form entsteht, die sich nicht mehr vom Singular unterscheidet. Um diesen „Schaden“ zu „heilen“, greift die Grammatik des Dialekts häufig zu einem Trick: sie stellt den verloren gegangenen Gegensatz wieder her, indem sie den Vokal in Tag im Plural umlautet (analog zu Vater/Väter oder Mutter/Mütter). Aus genau diesem Grund lautet – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen – der Plural von Hund in vielen bairischen Dialekten Hind (mit zu i entrundetem ü).

Zweitens ist dieser Beleg lexikographisch relevant, denn er enthält ein Wortspiel mit der doppelten Semantik von Hundstage. Dieses Wort hat im Bairischen auch die Bedeutung ‘üble, schlechte Zeit’: Mia hom unna Hundstooch ghatt, wöi mia van Mülidär (beim Militär) woarn, sagt eine Gewährsperson aus Weiden.

Hundstage in diesem Sinne gibt es natürlich auch in der Ehe, was in einem Wörterbuch des Regensburger Dialekts herausgestellt wird. Neben der Grundbedeutung ‘Hundstage’ ist dort diese zusätzliche Bedeutung angeführt: „unerfreuliche Zeit, die als Bestrafung auf eine Zuwiderhandlung (z.B. der Ehefrau gegenüber) erfolgt“ (Nadine Kilgert, Glossarium Ratisbonense, Regensburg 2008, S. 161).

An die Hundstage sind übrigens nicht nur Bauernregeln geknüpft, sondern auch volkskundliche Verhaltensregeln für den Alltag: An dö Hundsteg soll ma sö nöt bada (baden), sunst kriagt ma d’Schöber (Krätze), weiß ein Mundartsprecher aus dem Landkreis Schongau. Inwieweit diese leicht anrüchige Empfehlung harten medizinischen Kriterien standhält, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden. Gleiches gilt für die Frage, wie sich die Enthaltsamkeit in der Körperpflege in diesen Tagen auf das Eheleben auswirkt.

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Die Sprachbelege sind dem „Bayerischen Wörterbuch“, das an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erstellt wird, und seiner umfangreichen Materialsammlung entnommen.

Dr. Michael Schnabel, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bayerischen Wörterbuch