Die BAdW beim 53. Deutschen Historikertag
München - Geschichte(n) einer Stadt
Den Schwerpunkt des Hefts bilden Beiträge, die dem Thema „München“ gewidmet sind. Anlass dafür ist die Ausrichtung des Deutschen Historikertages in der Stadt. Die Autorinnen und Autoren vermitteln dabei nicht nur ihre individuellen Forschungsfelder, sondern repräsentieren auch die Einrichtungen, die – wie die Akademie – seit 2014 dem Kompetenzverbund Historische Wissenschaften München angehören.
Für die Akademie war die Wahl einer geeigneten Materie denkbar einfach, da die von ihr herausgegebene Orlando di Lasso-Gesamtausgabe in diesem Jahr zu ihrem Abschluss kommt. Der Komponist war in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Leiter der Münchner Hofkapelle. In der zeitgenössischen Wahrnehmung und in der Rückschau kommt ihm das Verdienst zu, der Stadt durch sein Schaffen erstmals musikalische Weltgeltung verschafft zu haben. Lange vor der Erfindung des Begriffs „Globalisierung“ wurden die Werke des Kosmopoliten in den wichtigsten Zentren Europas aufgeführt und verlegt – im Mittelmeerraum zuweilen sogar auf den Straßen gesungen.
Aber München soll in diesem Heft nicht nur wegen seines internationalen Flairs gepriesen, sondern auch kritisch hinterfragt werden: so unter anderem als mythologischer Ort der Bewegung, als Sammelstelle von Raubkunst, als Brennpunkt des Kalten Krieges, als Weihestätte des Sports und als Ziel des Terrors.
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Erinnerungskultur im Postkartenformat
Im "Lieblingsstück" stellt Ethnologin Marketa Spiritova eine Postkarte der NGO „Politische Gefangene.cz“ vor, verteilt während des „Samtenen Karnevals“ am 17.11.2014 in Prag. „Der ‚Samtene Karneval‘ erinnert an die ‚samtene Revolution‘, den Mauerfall in Tschechien“, erklärt Spiritova, die zu Erinnerungskultur forscht. „Zivilgesellschaftliche Akteure nutzen den Nationalfeiertag am 17. November, um aktuelle Forderungen in Gesellschaft und Politik einzuklagen. Die Karte wirbt für ein Oral History-Projekt, bei dem auch Frauen zu Wort kommen, die während der kommunistischen Diktatur im Gefängnis saßen. “ 2014 hat Spiritova selbst als Forscherin am „Samtenen Karneval“ teilgenommen: „Ich forsche durch teilnehmende Beobachtung, dabei dokumentiere und analysiere ich nicht nur das Geschehen, ich gestalte es durch meine physische Präsenz auch mit: Bei einer Demonstration beispielsweise, indem auch ich singe oder etwas skandiere.“ Kamera und Mikrofon helfen ihr im Feld, die Distanz zum Forschungsgegenstand präsent zu halten. Bei der Reflexion und Analyse sind sie wiederum als Dokumentation unabdingbar: „Die Erinnerung ist also nicht nur ein Forschungsgegenstand, sie ist gleichzeitig auch eins meiner Erkenntniswerkzeuge.“
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Wandeln durch barocke Räume
Erleben Sie Digital Humanities live: Das „Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland“ lädt am 05. und 06.10. jeweils um 13h im Mozilla Hub zu virtuellen Führungen durch Prachtbauten des Barocks ein. Das Corpus ist ein innovatives Langzeitvorhaben der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit Arbeitsstellen an der LMU München und der Universität Marburg. Finanziert im Akademienprogramm der Akademienunion, erforscht und publiziert das CbDD einen Bestand von rund 4.000 barocken Decken- und Wandmalereien, vor allem mit digitalen Techniken. Das kunsthistorische Vorhaben ist Teil der Grundlagenforschung an der BAdW, die die Basis für weitere Forschungen liefert und das kulturelle Erbe sichert. Anmeldung zur Führung unter presse@badw.de
Deutungskämpfe - Der 53. Deutsche Historikertag
Deutungskämpfe begleiten historische Entwicklungen und dynamisieren ihre gesellschaftliche Wahrnehmung, weil stets umkämpft ist, was in einer Gesellschaft als wahr, gerecht oder legitim gilt. Der Blick auf Ursachen oder Auswirkungen von Kriegen und Friedensschlüssen, Staatsgründungen oder Zerfall von Gemeinwesen, auf soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Umwälzungen führten und führen zu Deutungskämpfen, die nicht selten durch aktuelle Problemlagen beeinflusst sind. So standen die harten Konflikte seit den 1960er Jahren über die Kriegsschuld im Ersten Weltkrieg unter dem Eindruck der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Über konkurrierende Deutungen der Vergangenheit wird nicht zuletzt die Zukunft verhandelt. Deutungskämpfe sind deshalb ein wichtiger Motor für eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die sowohl integrative als auch spaltende Kraft besitzen kann, wie sich beispielsweise am ambivalenten Umgang vieler ost(mittel)europäischer Staaten mit ihrer Geschichte zeigt.
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