05/17
Träger immateriellen Kulturgutes: Am Tag der Muttersprache geht das Bayerische Wörterbuch online
Seit 1995 gibt die Bayerische Akademie der Wissenschaften das Bayerische Wörterbuch heraus. Die Alphabetstrecke von A- bis Dacher ist bereits erforscht und publiziert, in den Bänden sind insgesamt mehr als 25.000 Mundartwörter verzeichnet, geplant sind insgesamt 10 bis 12 Bände. Eine vollständige Liste dieser Wörter findet man nun mit einem Klick auf bwb.badw.de. Entsprechend ihrer digitalen Strategie stellt die Akademie die Ergebnisse der langfristig angelegten Grundlagenforschung digital und kostenfrei zur Verfügung (Open Access). Dies gilt sowohl für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit den Ergebnissen weiterforschen, als auch für die interessierte Öffentlichkeit, die zur bairischen Sprache nun auch online recherchieren und sich sogar aktiv am Wörterbuch-Projekt beteiligen kann.
Grundlagenforschung zum immateriellen Kulturgut
Das Bayerische Wörterbuch erforscht und dokumentiert den gesamten bairischen Wortschatz aus Oberbayern, Niederbayern, der Oberpfalz und den angrenzenden bairischen Gebieten Bayerisch-Schwabens sowie Mittel- und Oberfrankens. Neben den heute gesprochenen Mundarten wird auch die literarische Überlieferung aus Bayern seit ihren Anfängen im 8. Jahrhundert mitberücksichtigt.
Moiladsschmecka und Boumatsschmeckere: Die Arbeit mit LexHelfer
Dank vieler digitaler Tools auf der neuen Homepage kann nun jeder Interessierte überall auf der Welt in der umfangreichen Materialsammlung des Bayerischen Wörterbuchs stöbern, recherchieren und forschen: Über 100.000 Fragebögen, die ehrenamtliche Mundartsprecherinnen und -sprecher seit 1958 ausfüllten, kann man nun über das Redaktionstool LexHelfer digital einsehen. Man erfährt dann, dass die „Heidelbeere“ in
Dachau „Aiglbia“ heißt, ein Beispiel wird gleich angezeigt: „morng geh ma zun Aiglbia brocka“. Wer nicht selbst aus Dietfurt a.d. Altmühl stammt, lernt nun, dass ein Bub, der lieber mit Mädchen spielt, dort „Moiladsschmecka“ heißt und umgekehrt ein solches Mädchen eine „Boumatsschmeckere“ ist.
Digitale Fragebögen
Der erste Arbeitsschritt zum Wörterbuch ist die Frage an Mundartsprecherinnen und -sprecher: Wie sagt man bei Ihnen zu….? Kennen Sie das Wort…? Bis vor kurzem verschickten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Fragebögen (genannt Wörterlisten) nur postalisch, die ehrenamtlichen Mundartsprecher füllten sie analog aus und schickten sie zurück. Nun können diese Wörterlisten auch online ausgefüllt werden: Wer Interesse daran hat und die Mundart seines Heimatortes spricht, kann sich über das Kontaktformular oder direkt unter post@kmf.badw.de registrieren lassen.
Besondere Schätze, digital gehoben
Fast 2000 bisher unpublizierte Sprachkarten aus den 1930er und 40er Jahren stehen jetzt ebenfalls online. Die beiden Mundartforscher Eberhard Kranzmayer und Bruno Schwei-zer haben sie alle mit der Hand gezeichnet. Die Karten waren für einen Bayerischen Sprachatlas geplant, der aber nie gedruckt wurde. Sie zeigen, wie die Mundarten bei uns vor etwa 80 Jahren gesprochen wurden.
Darüber hinaus bietet die neue Website viele interessante Informationen zu den bairi-schen Mundarten und rund um das Projekt „Bayerisches Wörterbuch“. Auch alle Aus-gaben des „Goggolori“, der populärwissenschaftlichen Zeitschrift des Projekts, sind dort zu lesen.
Zum Wörterbuch: http://bwb.badw.de
Kontakt zum Forschungsprojekt:
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, gegründet 1759, ist die größte und eine der ältesten Länderakademien in Deutschland. Sie ist zugleich Gelehrtengesellschaft und Forschungseinrichtung von internationalem Rang. Mit rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreibt sie Grundlagenforschung in den Geistes- und Naturwissenschaften. Der Schwerpunkt liegt auf langfristigen Vorhaben, die die Basis für weiterführende Forschungen liefern und die kultu-relle Überlieferung sichern. Sie ist ferner Trägerin des Leibniz-Rechenzentrums, eines der größten Supercomputing-Zentren Deutschlands, und des Walther-Meißner-Instituts für Tieftemperaturforschung. Seit 2010 betreibt sie ein Junges Kolleg für den exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayern.