19/04
Neuerscheinungen zur bayerischen Landesgeschichte
19/04
28. Oktober 2004
Am 9. November 2004 präsentiert die Bayerische Akademie der Wissenschaften die Neuerschei-nungen der Kommission für bayerische Landesgeschichte. Neben Quelleneditionen, wie z.B. der Briefwechsel Ludwigs I. mit Leo von Klenze, werden Monographien u.a. zur Zeitgeschichte (Staat und Gaue in der NS-Zeit), dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit vorgestellt.
Einmal im Jahr stellt die Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ihre neuesten Publikationen der Öffentlichkeit vor – diesmal in Anwesenheit des Vorsitzenden des Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur im Bayerischen Landtag, Dr. Ludwig Spaenle, der auch ein Grußwort sprechen wird. Im Zuge der aktuellen Diskussion über die Zukunft der Landesgeschichte an den bayerischen Universitäten dokumentiert die Veranstaltung ein-drucksvoll die Leistungsfähigkeit des Faches.
Die Buchpräsentation spiegelt die Breite und Tiefe der historischen Forschung der Kommission wider. Die Arbeiten reichen von einer Untersuchung über die Stellung der bayerischen Bischöfe unter den Agilolfingern und Karolingern, einer Darstellung der adeligen Gruppenbildung im 12. Jahrhundert am Beispiel der Grafen von Sulzbach und einem Sammelband über die Geschichte Frankens im Mittelalter bis zur Dokumentation über die Tätigkeit der Landstände in den zollerischen Fürstentümern Ansbach und Kulmbach im 16. Jahrhundert. Zur jüngeren Zeitgeschichte werden diesmal ein gewichtiger Tagungsband über Bayern in der NS-Zeit sowie eine Dissertation zum „Deutschen Heimatwerk“, einer mit NS-Ideologie befrachteten Einrichtung zur massenhaften Verbreitung von Erzeugnissen des volkstümlichen Handwerks.
Ein Schwerpunkt der Kommissionsarbeit liegt bei der Edition wichtiger Quellen zur bayerischen Geschichte. In diesem Jahr sind darunter die Traditionen (Schenkungen) des Augustiner-Chorherrenstifts Baumburg an der Alz, die Denkmäler des Amberger Stadtrechts aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die Autobiographie des Humanisten Kaspar Schoppe und die Korrespondenz, die Ludwig I. als Kronprinz mit Leo von Klenze geführt hat.
Mit einem Band über Neuburg an der Donau wird der Historische Atlas von Bayern, Teil Schwaben, fortgeschrieben. In dieser Reihe werden die Eigentums- und Herrschaftsverhältnisses für den Freistaat untersucht. Die nach ehemaligen Landgerichten aufgeteilten Bände weisen für jede Hofstelle die Betriebsgröße, Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert nach. Sie sind damit ein unverzichtbares Arbeitsinstrument u.a. für Wirtschafts-, Sozial-, Familien- und Allgemeinhistoriker.
Zu den von der Kommission für bayerische Landesgeschichte herausgegebenen Periodica gehört die Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, von der diesmal die Bände 66/3 und 67/1-2 vorgestellt werden. Darin ist u.a. ein Aufsatz über die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung des Bayerischen Waldes in den Jahren der Weltwirtschaftskrise enthalten. Von den Bayerischen Vorgeschichtsblättern können der 69. Band und Band 16 der Beihefte (mit der Fundchronik 2000) vorgelegt werden. Im Bayerischen Jahrbuch für Volkskunde ist ein Beitrag mit dem Titel "Unbegreifliche Kunststücke auf dem Gebiete der Täuschung" über einen Straubinger Magier enthalten.
Weiterführende Informationen zu einigen Werken
Bayerns Bischöfe unter Agilolfingern und Karolingern
Welche Rolle spielten die Bischöfe, als das bayerische Herzogtum nach seiner ersten Blütezeit unter den Agilolfingern in das Reich Karls des Großen eingegliedert wurde? Die Jenaer Habilitationsschrift von Stephan Freund versucht, diese Frage in drei Schritten zu beantworten: Die ersten Organisatoren waren die Glaubensboten Emmeram, Rupert, Korbinian und ihre unmittelbaren Nachfolger, die kirchliche Strukturen schufen und mit ihrer Klostergründungspolitik maßgeblich zur Geschlossenheit und Stabilität des agilolfingischen Herzogtums beitrugen. Danach kam den Bischöfen unter dem zum Metropoliten erhobenen Bischof Arn von Salzburg eine Schlüsselrolle als Integratoren in das Frankenreich zu. Nach dem Tod Karls des Großen (814) wurde der Regensburger Bischof Baturich einer der wichtigsten Reformer, der u.a. den Ausbau des Schriftwesens förderte. An seiner Person kann auch der weitere Weg Bayerns im 9. Jahrhundert festgemacht werden, der – nach einer gewissen Eigenständigkeit – zur Auflösung des Frankenreichs und zur Entstehung des Ostfränkischen Reichs führte.
Franken im Mittelalter
In Vorbereitung zur diesjährigen Landesausstellung „Edel und Frei. Franken und Mittelalter“ im Pfalzmuseum Forchheim fand eine wissenschaftliche Tagung statt, die sich dem geschichtsträchtig reichen, im Mittelalter nie klar definierten und umgrenzten Gebiet aus verschiedenen Richtungen annähert: siedlungs- und verfassungsgeschichtlich, aus dem Blickwinkel der Geistes-, Kultur- und Sozialgeschichte, und „Franken von den Rändern her“. Die Beiträge nehmen Franken in seiner maximalen Ausdehnung in den Blick und widmen sich vor allem der Frage, ob und in welcher Form sich konstitutive Elemente einer Einheit Frankens im Mittelalter erkennen lassen.
Hochmittelalterliche Adelsgeschichte
Erstmals seit 170 Jahren erscheint wieder eine Untersuchung über das mit Kaisern, Königen und Herzögen verschwägerte Geschlecht der Grafen von Sulzbach, die mit ihren Verwandten und Freunden eine landes- und reichspolitische Größe darstellten. Die Münchner Dissertation von Jürgen Dendorfer stellt umfassend die genealogischen und besitzgeschichtlichen Bezüge eines bedeutenden Adelsgeschlechts im Hochmittelalter dar. Sie sind eingebettet in die territorialen und verfassungsrechtlichen Bedingungen der spätsalisch-frühstaufischen Zeit mit ihren Verästelungen und adeligen Gruppenbildungen, auf der das Funktionieren der Königsherrschaft im 12. Jahrhundert basierte.
Fürst und Landstand in Ansbach und Kulmbach
Monika Schaupp legt mit ihrer auf einer breiten Quellenlage basierenden Arbeit eine Untersuchung über die Teilhabe der Landstände an der Regierung und Verwaltung der fränkischen Markgrafentümer im 16. Jahrhundert vor. Städte und Ämter blieben nach dem Rückzug der Prälaten und der Ritterschaft als einziger Landstand neben dem Fürstenhaus Träger einer stabilen politischen Ordnung. Ihr Einfluss und ihre Bedeutung wurden durch Markgraf Georg Friedrich (reg. 15561603) zurückgedrängt, der seine frühabsolutistische Position ausbaute. Seine reichsweite Politik wird in der vorliegenden Arbeit ausführlich gewürdigt. Im Anhang werden die 137 Land- und Ausschusstage, die zwischen 1515 und 1603 abgehalten wurden, mit Teilnehmern, Verlauf wichtigsten Ergebnissen und Quellenlage dokumentiert.
Polemik und Satire im Dreißigjährigen Krieg
Der aus der Opferpfalz stammende Späthumanist Kaspar Schoppe galt den französischen Aufklärern als einer der schärfsten Polemiker des 17. Jahrhunderts. Sein Leben umspannt die gesamte krisenhafte Epoche der Religionsauseinandersetzungen und den Dreißigjährigen Krieg. Vom Protestanten zum Katholiken konvertiert, lebte er überwiegend in Italien, wetterte zunächst gegen seine ehemaligen Glaubensgenossen und später gegen den päpstlichen Nepotismus, bis er sich ab 1630 zunehmend für die Wiedervereinigung der Konfessionen einsetzte. Seine unvollendete Autobiographie „Philotheca“ von 1644 enthält nicht nur eine Anhäufung interessanter biographischer Details und Bemerkungen über zeitgenössische Ereignisse, sondern auch scharfsinnige Satiren auf Kardinal Federico Borromeo von Mailand, Papst Urban VIII, Kaiser Ferdinand II und die Jesuiten.
Ludwig I. von Bayern und Leo von Klenze
Eine reichhaltige Quelle nicht nur zum ludovicianischen Kunstkönigtum, sondern auch zur Stellung der Künstler mit ihren Rivalitäten und Konkurrenzsituationen, dem Geflecht höfischer Intrigen und zu den politischen Rahmenbedingungen mit den komplexen Entscheidungsprozessen liefert die Korrespondez Ludwig I. mit den von ihm beschäftigten Künstlern und Kunstagenten. Nun liegt der von Hubert Glaser herausgegebene erste Teil vor, der den Schriftwechsel des Kronprinzen Ludwig mit einer der schillernsten und einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten in seinem Umkreis, dem Architekten Leo von Klenze, enthält, vollständig vor.
Bayern in der NS-Zeit
Wie wurde Bayern regiert? Wer waren die maßgeblichen Kräfte in den überkommenen bzw. neu geschaffenen Zentral- und Mittelbehörden oder den sechs bayerischen NSDAP-Gauen? Der von Hermann Rumschöttel (Bayerisches Hauptstaatsarchiv) und Walter Ziegler (em. o. Prof. für Bayerische Geschichte an der LMU München) herausgegebene Sammelband, der auf dem gleichnamigen Symposium vom Juli 2000 basiert, gibt Aufschluss über die handelnden Personen, wie dem konservativen Traditionsgeneral Epp (Reichsstatthalter), dem Bürokraten Siebert (Ministerpräsident) oder dem fanatischen Hitler-Vertrauten Wagner (Gauleiter von Oberbayern, Innen- und Kultusminister). Die Aufsätze über die Regierungstätigkeit, Verwaltung und Parteiaktivitäten beantworten auch die Frage, was tatsächlich im Land durch diese Regierung geschah, in welcher Lage sich die Menschen damals in Bayern befanden und wie sie darauf reagierten.
Gesamtliste der Publikationen 2004
Jürgen Dendorfer, Adelige Gruppenbildung und Königsherrschaft. Die Grafen von Sulzbach und ihr Beziehungsgeflecht im 12. Jahrhundert, Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte XXIII. 463 S., 1 Abb., EUR ca. 35.-, ISBN 3 7696 6870 7
Stephan Freund, Von den Agilolfingern zu den Karolingern. Bayerns Bischöfe zwischen Kirchenorganisation, Reichsintegration und Karolingischer Reform (700–847), Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Band 144. XLVIII + 429 S., EUR 35,-, ISBN 3 406 10739 7
Hubert Glaser (Hg.), König Ludwig I. Und Leo von Klenze. Der Briefwechsel, Teil I: Kronprinzenzeit, Quellen zur neuern Geschichte Bayerns V, Die Korrespondenz König Ludwigs I. von Bayern. Bände I/1, I/2 und I/3 zus., EUR 78.- ISBN 3 7696 9708 1
Klaus Jaitner (Bearb.), Kaspar Schoppe 15761649, Bd. I: Philotheca Scioppiana. Eine frühneuzeitliche Autobiographie 15761630, Bayerische Gelehrtenkorrespondenz II, Band 1/1-2, 1404 S., 4 Abb., Leinen, EUR 52.-, ISBN 3 406 10651 X.
Johannes Laschinger, Denkmäler des Amberger Stadtrechts. Teil 2: 14531556, Bayerische Rechtsquellen, Band 6. 406 S., 8 Abb., EUR 39.-, ISBN 3 406 10657 9
Johannes Merz – Robert Schuh (Hg.), Franken im Mittelalter, Francia orientalis, Franconia, Land zu Franken: Raum und Geschichte, Hefte zur bayerischen Landesgeschichte, Band 3. X+326 S., 4 Kartenbeil., EUR 18,-, ISBN 3 7696 6530 9
Markus Nadler, Neuburg an der Donau, Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben I/16. XLIV + 458 S., 12 Skizzen, 15 Abb., 3 Kartenbeilagen, EUR 35,-, ISBN 3 7696 6852 9
Hermann Rumschöttel Walter Ziegler (Hg.), Staat und Gaue in der NS-Zeit: Bayern 19331945, Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Beiheft 21 (Reihe B). IX+797 S., 54 Abb., EUR 48.-, ISBN 3 406 10662 5
Monika Schaupp, Die Landstände in den zollerischen Fürstentümern Ansbach und Kulmbach im 16. Jahrhundert, Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte XXI. 499 S., 2 Abb., EUR ca. 35.-, ISBN 3 7696 6871 5
Monika Luise Ständecke, Das Deutsche Heimatwerk. Idee, Ideologie und Kommerzialisierung, Bayerische Schriften zur Volkskunde 8. 381 S., 29 Abb., EUR 18.-, ISBN 3 7696 0458 X
Martin Johann Walko, Die Traditionen des Augustiner-Chorherrenstifts Baumburg an der Alz. Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, Neue Folge, Band XLIV/1. 492 S., 4 Abb., EUR 35.-, ISBN 3 406 10408 8
Periodica:
Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Bd. 66, 3/67, 1-2
Bayerische Vorgeschichtsblätter Bd. 16
Beihefte zu den Bayerischen Vorgeschichtsblättern Bd. 16 (Fundchronik 2000)
Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2004
Rezensionsexemplare erhältlich bei:
Bayerische Akademie der Wissenschaften
Kommission für bayerische Landesgeschichte
Gisela Klepaczko, Tel.: 089/23031-1171 oder -1172
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