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27/06

In der Weltspitze der Supercomputer ganz vorne: Einweihung des neuen Leibniz-Rechenzentrums

Am Freitag, 21. Juli 2006, eröffnen die Bundesministerin für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan, der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber und der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Dr. Thomas Goppel den Neubau des Leibniz-Rechenzentrums in Garching bei München (ca. 45,2 Mio. Euro Baukosten). Gleichzeitig wird dort der nationale Höchstleistungsrechner (ca. 38 Mio. Euro Investitionskosten) in Betrieb genommen.

 

 

27/06
21. Juli 2006

Am Freitag, 21. Juli 2006, eröffnen die Bundesministerin für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan, der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber und der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Dr. Thomas Goppel den Neubau des Leibniz-Rechenzentrums in Garching bei München (ca. 45,2 Mio. Euro Baukosten). Gleichzeitig wird dort der nationale Höchstleistungsrechner (ca. 38 Mio. Euro Investitionskosten) in Betrieb genommen.

Das neue Rechensystem stärkt nicht nur die Rolle des LRZ im Bereich High Performance Computing, es sichert auch den Standort München und Bayern in der internationalen Konkurrenzfähigkeit auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Höchstleistungsrechnens. Das neue, erweiterbare Gebäude, die technische Ausstattung, das vorhandene Know-how, die Verankerung in vielen Anwendungsbereichen und die in Deutschland einzigartige Umgebung von Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft bilden ein ideales Umfeld für das LRZ. Damit wird es auch ein herausragender Kandidat für ein mögliches euro-päisches Höchstleistungsrechenzentrum.

Der Neubau des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist der modernste und mit ca. 5.700 qm Hauptnutzfläche und ca. 5.000 qm Funktionsfläche der größte Neubau eines wissenschaftlichen Rechenzentrums in Deutschland. Er ist architektonisch in drei große Bereiche unterteilt (Entwurf: Herzog & Partner Architekten BDA):

1. Rechnerwürfel
Höchstleistungsrechner, Server für Netz- und IT-Dienste, Linux-Cluster und die umfangrei-chen Datenarchive sowie die aufwendige technische Infrastruktur zur Elektrizitätsversorgung und Kühlung werden in einem markanten, würfelförmigen Trakt (Kantenlänge 36 m) untergebracht. Hier gelten erhöhte Sicherheitsansprüche und es gibt keinen Publikumsverkehr. Die Stromversorgung (Anschlusswert 4,8 MVA) ist für 2 Megawatt Rechnertechnikbedarf und 2 Megawatt Klimatechnikbedarf ausgelegt. Es stehen unterbrechungsfreie Stromversorgungen zur Verfügung. Für die Luftkühlung des Höchstleistungsrechners wird ein Durchsatz von 400.000 m³/Stunde benötigt. Ausgefeilte Sicherheits- und Feuerlöschsysteme sorgen für Schutz der technischen Anlagen. Erweiterungen für zukünftige Anforderungen im Klima-, Strom und Rechnerbetrieb sind jederzeit möglich.

2. Institutsgebäude:
Im Institutsbereich befinden sich die Arbeits- und Laborräume der ca. 170 Mitarbeiter. Das Erdgeschoss ist für den Publikumsverkehr vorgesehen (Benutzersekretariat, Zeitarbeitsplätze für Studenten, Räume für Beratung, Hotline). In den drei oberen Stockwerken sind Mitarbeiter-, Besprechungs- und Laborräume sowie die Rechnerleitwarte.

3. Hörsaal- und Seminargebäude:
Das neue LRZ-Gebäude verfügt über einen Hörsaal (120 Sitzplätze) und mehrere Seminar- und Kursräume abgestufter Größe. Dieser Bereich mit intensivem Publikumsverkehr wird vor allem von Studenten und Wissenschaftlern der Münchner Hochschulen im Rahmen von LRZ-Veranstaltungen (z.B. Workshops zu Computational Sciences, DEISA, D-Grid oder Vortragsreihen) und Kursen genutzt werden.

Der Neubau wurde in nur zwei Jahren fertig gestellt. Die Baukosten in Höhe von ca. 45,2 Mio Euro wurden im Rahmen des Hochschulbauförderungsgesetzes (HBFG) je zur Hälfte vom Bund und vom Freistaat Bayern getragen. Am alten Standort in der Münchner Innenstadt (Barer Straße 21) hätte man den neuen Höchstleistungsrechner wegen der fehlenden Infrastrukturvoraussetzungen nicht installieren können. Außerdem reichte das Raumangebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der erheblich angewachsenen Aufgaben und der überaus erfolgreich eingeworbenen Drittmittelprojekte nicht mehr aus.

Der neue Höchstleistungsrechner ersetzt den bisherigen Hitachi SR8000, der am 30. Juni 2006 nach über sechs Jahren Betriebszeit abgeschaltet wurde. Die Investitionskosten für das neue Rechensystem, das als nationaler Höchstleistungssrechner eingesetzt wird, betragen 38 Mio. Euro, die ebenfalls HBFG-finanziert sind, also hälftig von Bund und Land getragen werden. Er wird hinsichtlich der Peak Performance ungefähr Rang 13 in der Top500-Liste einnehmen. In Bezug auf die Sustained Perfor-mance, d.h. die erzielbare Leistung auf der Basis von realen Anwendungsprofilen wichtiger und nut-zertypischer Forschungsfragestellungen, zählt der neue Rechner zu den international leistungsfähigs-ten Rechnern.

Aufgrund einer europaweiten Ausschreibung und der Prüfung einer Reihe attraktiver Angebote wurde ein System der Firma Silicon Graphics (SGI) mit Intel Itanium2-Prozessoren ausgewählt, da es die höchste Applikationsrechenleistung erwarten lässt. Eine Besonderheit des ausgewählten Systems ist ein sehr großer, einheitlich adressierbarer Hauptspeicher. Dadurch wird die Programmierung von pa-rallel ablaufenden Anwendungen deutlich erleichtert. Wegen der ausgewogenen Konfiguration zwi-schen Rechen- und I/O-Leistung, der breiten Verfügbarkeit von Programmierwerkzeugen und Anwen-dungsprogrammen und seiner auf leichte Nutzbarkeit zielenden Einbettung in die Rechenzentrumsum-gebung am LRZ stellt der neue nationale Höchstleistungsrechner SGI Altix 4700 einen gewaltigen Fortschritt für die Nutzer von Höchstleistungsrechnern in Deutschland dar.

Die Leistung des neuen Rechners ist beeindruckend. In der ersten Ausbaustufe, die jetzt in Betrieb geht, stehen 4.096 Intel-Madison9M-Prozessoren zur Verfügung, die in einer ccNUMA-Architektur zusammenarbeiten und etwa 27 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde (27 Teraflops) erlauben (in der zweiten Lieferstufe ab Sommer 2007 dann über 60 Teraflops). Derzeit beträgt die Hauptspeichergröße 17 Terabyte, sie wird auf etwa 40 Terabyte ausgebaut. Die gegenwärtig 300 Terabyte Plattenplatz wachsen auf über 600 Terabyte. Für die Home-Directories stehen 40 (später 60) Terabyte in Form eines NAS-Speichers (Network Attached Storage) zur Verfügung. An die Außenwelt ist das System über das Deutsche Forschungsnetz mit 10 Gigabit/s-Ethernet-Technik angeschlossen.

Alle gängigen Programmiersprachen, Programmierwerkzeuge, Hilfsmittel und Programmiermodelle (von der reinen OpenMP-Parallelisierung auf bis zu 252 Prozessoren im gemeinsamen Hauptspeicher bis zur reinen MPI-Parallelisierung auf über 4.000 Prozessoren) werden verfügbar sein – und natürlich im Hybrid-Modell auch alle möglichen Zwischenformen. Damit werden sich in allen denkbaren An-wendungsgebieten neue Größenordnungen der Berechenbarkeit erschließen.

Eingesetzt wird der neue Rechner vor allem für die Simulation komplexer Systeme und Prozesse in der Physik, Materialforschung, Strömungsdynamik, Astrophysik, Chemie sowie in den Geo- und Biowissenschaften. Beispiele hierfür sind die Untersuchung der Turbulenz, von Strömungen in porösen Gebilden, das Zusammenwirken von Strömungen und deformierbaren Strukturen, die Entstehung und Ausbreitung von Schall, Hochtemperatur-Supraleitung, Formgedächtnismaterialien, chemische Reaktionen bei Verbrennungs- und Katalyseprozessen, die Ausbreitung von seismischen Wellen und Erdbeben sowie die Untersuchung der Beziehungen zwischen Sequenz, Struktur und Funktion bei Protei-nen. Voraussetzung für die Nutzung des Rechners ist eine positive Begutachtung des jeweiligen Pro-jektes durch ein Expertengremium.

Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) ist eine Einrichtung der Kommission für Informatik der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Heute sind dort ca. 170 Mitarbeiter beschäftigt. Das LRZ versteht sich als modernes Dienstleistungsunternehmen im wissenschaftlichen Bereich. Über das ebenfalls von ihm betriebene Münchner Wissenschaftsnetz (MWN) verbindet es die zentralen Server und Systeme der Münchner Hochschulen und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen wie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Max-Planck-Institute, der Fraunhofer-Gesellschaft etc. Als Zentrum für technisch-wissenschaftliches Hochleistungsrechnen (Supercomputing Centre) betreibt das LRZ für alle bayerischen Universitäten die Landeshochleistungsrechner und seit März 2000 auch einen der drei nationalen Höchstleistungsrechner, der deutschlandweit genutzt wird. Neben der Forschung auf den Gebieten des wissenschaftlichen Hochleistungsrechnens und des IT-Managements ist das LRZ bundesweites Kompetenzzentrum für Datenkommunikationsnetze und führt in diesem Bereich mehrere Pilotprojekte mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen und Partnern aus der In-dustrie durch.

Bayerische Akademie der Wissenschaften
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften wurde 1759 in München gegründet. Mit ca. 350 hauptamtlichen Mitarbeitern und einem Jahresetat von rund 35 Mio. Euro ist sie heute die größte der insgesamt sieben wissenschaftlichen Akademien in der Bundesrepublik. Ihr Schwerpunkt sind interdisziplinäre Grundlagenforschung und langfristig angelegte Forschungsprojekte im geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Bereich, wie die Erstellung von wissenschaftlichen Wörterbüchern, Werkverzeichnissen und kritischen Gesamtausgaben, die eine unverzichtbare Grundlage der wissenschaftlichen Forschung und Lehre darstellen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften unterhält internationale Kontakte und veranstaltet Symposien zu aktuellen Themen der Forschung, u.a. im Bereich der Ökologie und der Medizin. Die 39 an und bei der Akademie angesiedelten Kommissionen betreuen derzeit 124 Forschungsprojekte. Zusätzlich betreiben zwei dieser Kommissionen wissenschaftliche Einrichtungen in Garching: das Leibniz-Rechenzentrum und das Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung.