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07/22

Globales kulturelles Erbe durch Grundlagenforschung sichern: Drei neue Projekte der BAdW im Akademienprogramm

Drei neue Vorhaben der BAdW werden 2022 starten – das hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern beschlossen. Im Mittelpunkt stehen antike Keilschrifttafeln aus dem heutigen Irak, Wissensnetze in der mittelalterlichen Romania sowie die digitale Jean Paul-Ausgabe. Die Projekte haben eine Laufzeit von bis zu 25 Jahren und werden im Akademienprogramm von Bund und Ländern finanziert.

Erstmals nehmen 2022 drei neue im Akademienprogramm geförderte Vorhaben zugleich ihre Arbeit an der BAdW auf. „Mich freut besonders das breite Spektrum der geförderten Projekte. Sie ergänzen die regionale und methodologische Vielfalt unserer Forschungsschwerpunkte hervorragend und stellen einen digitalen Zugang auf dem neuesten technologischen Stand sicher“, so Thomas O. Höllmann, Präsident der BAdW. Die neuen Vorhaben aus Germanistik, Keilschriftforschung und Romanistik im Überblick:

Ein Klassiker im digitalen Zeitalter: Die historisch-kritische Jean-Paul-Ausgabe

Der Schriftsteller Jean Paul (1763-1825) war ein wichtiger Vertreter der deutschen Klassik – und dennoch ist sein Werk bislang nicht komplett erschlossen: Das Vorhaben „Sprachgitter digital“ wird alle Teile seines Schaffens vom Manuskript bis zum Druckwerk erstmals erschließen und in einer digitalen Publikation die Vernetzungsmuster und Knotenpunkte in Jean Pauls Werk abbilden. Im Zentrum stehen dabei seine Handschriften – einer der letzten ungehobenen Schätze der deutschen Klassik. Die historisch-kritische Jean-Paul-Ausgabe wird über ein Onlineportal gemäß den FAIR-Prinzipien frei zugänglich sein: Forschenden unterschiedlicher Disziplinen wird die Datenbank als Grundlage für weitere Projekte dienen, und auch die interessierte Öffentlichkeit kann sich auf Spurensuche in den Sprachgittern begeben.

„Sprachgitter digital: Die historisch-kritische Jean-Paul-Ausgabe“
Projektleitung: Prof. Dr. Barbara Hunfeld (JMU Würzburg) und Prof. Dr. Roland S. Kamzelak (JMU Würzburg)
Kontakt: barbara.hunfeld@uni-wuerzburg.de
Kooperationspartner: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

„Cuneiform Artefacts of Iraq in Context (CAIC)“ – Erhalt eines zentralen kulturellen Erbes Altmesopotamiens

Die Keilschriftartefakte des Iraq Museum Baghdad sind ein zentraler Bestandteil des kulturellen Erbes Mesopotamiens, der grundsätzlich gefährdet ist. Das Vorhaben wird als interdisziplinäres Akademieprojekt rund 17.000 Keilschrifttafeln aus dem antiken Mesopotamien dokumentieren, edieren, aus historischer und linguistischer Perspektive analysieren sowie mit neuesten digitalen Ansätzen für die Öffentlichkeit und Fachleute verschiedener Disziplinen online bereitstellen.

„Cuneiform Artefacts of Iraq in Context (CAIC)“
Projektleitung und Kontakt:
Prof. Dr. Enrique Jiménez (LMU München) – enrique.jimenez@lmu.de
Prof. Dr. Karen Radner (BAdW/LMU München) – k.radner@lmu.de
Prof. Dr. Walther Sallaberger (BAdW/LMU München) – wasa@lmu.de
Kooperationspartner: Iraq State Board of Antiquities and Heritage; Iraq Museum; Baghdad University; Corpus der hethitischen Festrituale (Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz)

Sprachen als Identitätsstifter und Träger kulturellen Austauschs: „ALMA –Wissensnetze in der mittelalterlichen Romania“

Wie bedingen und beeinflussen sich Sprache und Wissen(schaft) gegenseitig? Dieser Frage geht das Vorhaben ALMA nach – und zwar im romanischen Kulturraum, in dem in der Zeit zwischen ca. 1100 und 1500 neue volkssprachliche Wissensnetze entstanden. Die romanischen Sprachen sind bedeutende Träger des kulturellen Austauschs, der im Mittelalter die europäische Identität als Wissensgesellschaft begründete. Das Projekt erforscht, wie das mittelalterliche Italienisch, Französisch, Okzitanisch, Katalanisch und Spanisch zu Wissen(schaft)ssprachen ausgebaut wurden. Methoden der Linguistik, Textphilologie und Wissen(schaft)sgeschichte werden kombiniert mit den Technologien der Digital Humanities und des Ontology Engineering. Die Ergebnisse werden gemäß der FAIR-Prinzipien in einer Forschungswerkbank präsentiert, die anschlussfähig an andere Vorhaben ist.

„ALMA – Sprachdatenbasierte Modellierung von Wissensnetzen in der
mittelalterlichen Romania“,
ein interakademisches Vorhaben der BAdW, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
Projektleitung: Prof. Dr. Maria Selig (BAdW/Universität Regensburg), Dr. Sabine Tittel (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Wolfgang Schweickard (ADW Mainz)
Kontakt: maria.selig@ur.de
Kooperationspartner: Universität des Saarlandes

Das Akademienprogramm – Exzellenz in Geisteswissenschaften

Das gemeinsame Forschungsprogramm der Wissenschaftsakademien dient der Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung des globalen kulturellen Erbes. Es ist das derzeit größte geisteswissenschaftliche Langzeitforschungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland und wird von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften koordiniert. Derzeit werden im Akademienprogramm 123 Vorhaben an 181 Arbeitsstellen bearbeitet. Das Programm fördert innovative Forschungsprojekte von überregionaler und gesamtstaatlicher Bedeutung und hoher (inter-)disziplinärer Relevanz. Die modular aufgebauten Projektvorhaben müssen auf eine Laufzeit von 12 bis 25 Jahren angelegt sein, ein Mindestvolumen von jährlich 120.000 Euro umfassen und sich in einem mehrstufigen Wettbewerbsverfahren mit ihrer exzellenten wissenschaftlichen Qualität durchsetzen. Antragsberechtigt für die Ausschreibung sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit abgeschlossener Promotion und institutioneller Anbindung in Deutschland.

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften, gegründet 1759, ist die größte der Landes-Akademien in Deutschland. Ihren Aufgaben als Gelehrtengemeinschaft, außeruniversitäre Forschungseinrichtung und Ort des lebendigen wissenschaftlichen Dialogs mit Gesellschaft und Politik ist sie seit mehr als 250 Jahren verpflichtet. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf langfristigen Vorhaben, die die Basis für weiterführende Forschungen liefern und das kulturelle Erbe sichern. Aktuellen Fragen von hoher gesellschaftlicher Relevanz widmen sich ihre Ad hoc-Arbeitsgruppen. Die Akademie ist ferner Trägerin des Leibniz-Rechenzentrums, eines der größten Supercomputing-Zentren Europas, des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation und des Walther-Meißner-Instituts für Tieftemperaturforschung. Den exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs in Bayern fördert sie im Jungen Kolleg. Die Akademie ist Mitglied der Akademienunion.