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Genauere Messungen des Erdschwerefeldes aus dem Flugzeug

Das Fluggravimetrie-Projekt der Bayerischen Kommission für die Internationale Erdmessung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

 

 

07/02
14. August 2002

Das Fluggravimetrie-Projekt der Bayerischen Kommission für die Internationale Erdmessung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Rahmen des Sonderprogramms „Geotechnologien“ Fördermittel für ein Verbundprojekt ‚Fluggravimetrie’ von Forschern aus Wissenschaft und Industrie bewilligt, das die Bayerische Akademie der Wissenschaften koordiniert. Dort entwickelt die Bayerische Kommission für die Internationale Erdmessung ein so genanntes StrapDown-Verfahren für die Fluggravimetrie weiter: Das Erdschwerefeld wird aus dem Flugzeug vermessen, wobei der Sensor fest mit dem Flugzeug verbunden ist.

Bislang eingesetzte Fluggravimeter werden auf einer kreiselstabilisierten Plattform betrieben; sie erfordern größere, meist zweimotorige Flugzeuge. Beim kleineren, leichteren und robusteren StrapDown Verfahren hingegen können auch kleinere Maschinen eingesetzt werden. Neben der dadurch erreichbaren Kostenersparnis und Effizienzsteigerung geht es vor allem um Qualitätssteigerung: Bisher ist bei der Erdschwerefeldbestimmung aus dem Flugzeug bei einem interessanten Genauigkeitsniveau (1mGal) die räumliche Auflösung auf etwa 3-8 km beschränkt – d.h. kleinere Dichtestrukturen in der Erdkruste werden nicht entdeckt. Für zahlreiche Anwendungen ist 1 km erforderlich; niedrigere Flughöhen mit kleineren Maschinen sind daher von Vorteil.

Bei dem vom BmB+F geförderten Projekt „StrapDown-Fluggravimeter mit Konfigurationsoptimierung“ wird der Systemaufbau aus Einzelsensoren – Beschleunigungsmesser, Kreisel, GPS (Global Positioning System) – optimiert. Unter anderem wird also auch die Position des Flugzeuges mittels GPS fortlaufend mit cm-Genauigkeit (relativ) bestimmt. Auch die durch die Flugdynamik hervorgerufenen Drehbewegungen des Flugzeuges und des Messgerätes werden gemessen und rechnerisch berücksichtigt.

Da die Beschleunigung jedoch auf etwa ein Millionstel der Erdschwere genau bestimmt werden muss, um die gewünschte Genauigkeit zu erreichen, müssen noch viele anspruchsvolle Detailprobleme von der Signalverarbeitung bis zum Einfluss hochfrequenter Ionosphärenvariationen gelöst werden.

Die Fördermittel gehen für drei Jahre an die Bayerische Kommission für die Internationale Erdmessung im Rahmen eines Verbundes mit zwei Hochschulinstituten und zwei Firmen; die Koordinierung wurde der Bayerischen Akademie der Wissenschaften übertragen. In diesem Verbund werden drei verschiedene Konzepte zur Fluggravimetrie weiterentwickelt, verglichen und für die wirtschaftliche Anwendung nutzbar gemacht.

Gravimetrie

Die Gravimetrie ist eine Hilfswissenschaft zur Ausmessung des Erdgravitations- bzw. Schwerefeldes. Was ist das und wen interessiert das? Zunächst: Als ‚Gravitation’ bezeichnen wir die reine Massenanziehung; die ‚Erdschwere’ bezieht die Zentrifugalkraft der Erdrotation mit ein. Wir alle werden durch diese Kraft an der Erdoberfläche festgehalten. Die Richtung können wir an einem Lot sehen, die Stärke durch die von uns gespürte Kraft wahrnehmen. Da sich eine Flüssigkeitsoberfläche im Erdschwerefeld horizontal – und damit senkrecht zur Lotrichtung – einstellt, können wir eine kleine Flüssigkeitslibelle nicht nur in der Wasserwaage auf dem Bau nutzen, sondern damit auch ein Vermessungsinstrument lotrecht stellen.

Heute werden Schweredaten u.a. zur genauen Berechnung von Satellitenbahnen, im Eichwesen und bis hin zur Ermittlung der Leistung von Wasserkraftwerken benutzt. Neben der Verwendung der Schweremessungen selbst kann man die Messdaten aber auch für geophysikalische Fragestellungen interpretieren – je nach Maßstab: Kleinere räumliche Variationen erlauben die Feststellung von Hohlräumen wie Grabkammern, Höhlen oder U-Bahn-Tunnels, im gröberen Raster zeigen sich (z.B. Öl-) Lagerstätten, Gebirgswurzeln, tektonische Plattenränder. Wegen dieser zahlreichen Nutzen wird seit über hundert Jahren fleißig gemessen. Dabei wird die Wirkung auf eine Probemasse entweder als spezifische Kraft oder durch ihre Beschleunigung beobachtet: Früher Pendel, heute Satelliten oder hochspezialisierte Federwaagen mit konstanter Masse. Satelliten-, Flugzeug- oder erdgebundene gravimetrische Verfahren leisten je ihren eigenen Beitrag. Die Fluggravimetrie, seit gut zehn Jahren im Einsatz, ist weiter in rasanter Entwicklung. Die Fluggravimetrie profitiert übrigens wesentlich von der genauen Positionsbestimmung durch GPS – und zahlt diesen Nutzen zurück, da die GPS-Satellitenbahnbestimmung wiederum von besseren Schweredaten profitiert.

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften wurde 1759 in München gegründet. Mit über 300 hauptamtlichen Mitarbeitern und einem Jahresetat von rund 35 Mio. Euro ist sie heute die größte der insgesamt sieben wissenschaftlichen Akademien in der Bundesrepublik. Ihr Schwerpunkt sind interdisziplinäre Grundlagenforschung und die Durchführung langfristiger Forschungsprojekte im geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Bereich, wie die Erstellung von wissenschaftlichen Wörterbüchern, Werkverzeichnissen und kritischen Gesamtausgaben, die eine unverzichtbare Grundlage der wissenschaftlichen Forschung und Lehre darstellen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften unterhält internationale Kontakte und veranstaltet Symposien zu aktuellen Themen der Forschung, u.a. im Bereich der Ökologie und der Medizin. Die 38 an und bei der Akademie angesiedelten Kommissionen betreuen derzeit 80 Forschungsprojekte. Zusätzlich betreiben zwei dieser Kommissionen wissenschaftliche Einrichtungen: das in der Münchner Innenstadt gelegene Leibniz-Rechenzentrum und das in Garching angesiedelte Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung.