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Deutscher Musikeditionspreis „Best Edition 2021/22“ für Strauss: Salome. Weitere Fassungen. Hrsg. von Claudia Heine

Der jüngste Band der an der BAdW erarbeiteten Richard Strauss-Werkausgabe wurde vom Deutschen Musikverleger-Verband mit dem renommierten Musikeditionspreis „Best Edition 2021/2022“ ausgezeichnet.

Die Jury begründete die Auszeichnung: „Wenn autorenbezogene Werkausgaben mehr sein wollen als Denkmäler, müssen sie mehr bieten, als die philologische Absicherung erwartbarer Partituren. Genau das tut Claudia Heines hier vorliegende Edition: Sie bringt den Werktext in Bewegung und stellt Strauss' Salome in einen kulturellen wie historischen Raum. (…) Die vorliegende Edition (…) zeigt durchaus autorbezogene Praktiken des Komponierens und Aufführens, die sich gerade nicht in einen philologisch beglaubigten idealen Werktext überführen lassen. Sie eröffnet damit auch einen künstlerischen Freiraum, in dem der angemessene Umgang mit einer solchen Partitur etwas anderes heißen kann und muss als Buchstaben-Treue.“  (https://www.best-edition.de/id-2022/articles/richard-strauss-salome.html) Der Deutsche Musikeditionspreis „BEST EDITION“ wird für herausragende Qualität bei den Notenausgaben und Musikbüchern verliehen. Im deutschen Musikfachhandel sind über 300.000 Notenausgaben deutscher Verlage im Angebot, jährlich kommen etwa 7.000 Neuerscheinungen hinzu.

Reaktionen auf die Auszeichnung

Akademiepräsident Thomas O. Höllmann: „Zur Auszeichnung der Salome gratuliere ich Claudia Heine und dem gesamten Team der Richard Strauss Gesamtausgabe sehr herzlich. Besonders freut mich, dass hier die wissenschaftliche Methodik, Akribie und Kreativität eines Akademienvorhabens direkt in die Aufführungspraxis eingehen.“

Projektleiter Hartmut Schick: „Mich freut die großartige Auszeichnung gerade für diesen Band besonders, weil er mit der Edition zweier nahezu unbekannter Fassungen für die Musikpraxis eminentes Potential besitzt und auch in der Darstellung – bei den Retouchen gestrichene Stimmen werden z. B. grau eingefärbt –  neue Wege geht.“

Musikwissenschaftlerin Claudia Heine, Editorin des Bandes: „Dieser Notenband war eine besondere Herausforderung, da er die berühmte Salome gleich in mehreren Fassungen präsentiert, die der Musikwelt bisher fast völlig unbekannt waren. Die Erforschung von Neuentdeckungen ist ja zuweilen durchaus auch mal mühevoll. Es freut mich daher außerordentlich, dass nicht nur die Opernhäuser diese neuen Erkenntnisse im In- und Ausland aufgreifen, sondern nun auch die Fachwelt diese Publikation honoriert hat. Die Auszeichnung ist eine große Ehre für mich.“

Die Edition von Strauss‘ „Salome“

„Salomé“ in französischer Sprache war Richard Strauss ein besonderes Anliegen: Er wollte mehr als eine bloße (Rück-)Übersetzung vorlegen. Daher griff er auf den französischen Originaltext des Theaterstücks von Oscar Wilde zurück und schrieb die Gesangsstimmen vollständig neu, um sie perfekt an die Prosodie der Sprache anzupassen – ein singulärer Fall in der Operngeschichte. Diese ganz anders klingende Fassung liegt nun erstmals als Partitur gedruckt vor.

Auch die „Dresdner Retouchen-Fassung“ von 1929/30 ist Teil des neuen „Salome“-Bandes: eine Einrichtung für lyrischen Sopran in der Titelrolle, die 1930 in Dresden mit Maria Rajdl unter der Leitung des Komponisten Premiere feierte. Strauss lichtete hierfür gezielt die Orchesterbegleitung der Titelrolle, um diese mit einer lyrischen statt (wie üblich) dramatischen Stimme besetzen zu können. Hier zeigt sich ein interessanter Wandel in seiner Ästhetik, 25 Jahre nach der Uraufführung, und ein Verständnis der Salome als junges, fast naives Mädchen. Die „Retouchen-Fassung“ geriet ab den 1940er Jahren in Vergessenheit, auch, weil nur handschriftliche Quellen existierten, und steht nun als interessante, womöglich zeitgemäßere Aufführungsoption der Praxis wieder zur Verfügung.

Auf der Online-Plattform sind sowohl rund 200 historische Briefe und weitere Dokumente des prämierten Bands als auch die Einleitung und der Kritische Bericht sowie weitere Features wie eine Synopse zum Operntext und seiner literarischen Vorlage online frei verfügbar: https://www.richard-strauss-ausgabe.de/baende/

Das Projekt

Das Projekt „Kritische Ausgabe der Werke von Richard Strauss“ (1864–1949) erarbeitet erstmals eine quellenkritische Edition der wichtigsten Werkgruppen im Schaffen von Richard Strauss: sämtlicher Bühnenwerke, Lieder, Orchester- und Kammermusikwerke. Geplant sind 52 Notenbände mit Kritischen Berichten sowie eine Online-Dokumentenplattform. Noch in diesem Jahr werden als weitere Bände die Tondichtung „Tod und Verklärung“ und der Band mit den Liedern der Jahre 1918 bis 1949 erscheinen. Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften fördert das Projekt im Rahmen ihres Akademienprogramms. https://www.richard-strauss-ausgabe.de/

Kontakt:

BAdW-Projekt „Kritische Ausgabe der Werke von Richard Strauss“
Ludwig-Maximilians-Universität München | Institut für Musikwissenschaft
Geschwister-Scholl-Platz 1 | 80539 München

Prof. Dr. Hartmut Schick, Projektleiter: hartmut.schick@lmu.de
Dr. Claudia Heine (Ansprechpartnerin „Salome“) | claudia.heine@lmu.de

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