03/04
Das neue 'BAdW Forum Technologie': Information, Diskussion, Gesellschaftsberatung
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10. Februar 2004
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften hat einen Ausschuss für Ingenieur- und Angewandte Naturwissenschaften gegründet: Das BAdW Forum Technologie dient als Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit der stärkeren Vernetzung von universitärer und außeruniversitärer Forschung, und stellt Faktenwissen für Politik und Gesellschaft bereit.
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften hat das BAdW Forum Technologie geschaffen. Hierbei handelt es sich um die Kurzbezeichnung des Ausschusses angewandter Natur- und Ingenieurwissenschaften. Mit der Gründung dieser fachübergreifenden Arbeitsgruppe verfolgt die Bayerische Akademie der Wissenschaften drei Ziele:
1. Der Kontakt zum Konvent für Technikwissenschaften in der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (acatech), dessen Basis in der Bayerischen Akademie dieser Ausschuss bildet, wird gefestigt. Auf diese Weise können die Belange der Bayerischen Akademie in den Konvent hineingetragen und die Aktivitäten sowie die Ergebnisse des Konvents für die Bayerische Akademie nutzbar gemacht werden.
Auch zu den Klassen für Technik- oder Ingenieurwissenschaften anderer Akademien wie sie in Deutschland zur Zeit an der Berlin-Brandenburgischen, der Nordrhein-Westfälischen und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften bestehen, wird der Kontakt intensiviert.
2. Der Ausschuss dient im Bereich der Ingenieurwissenschaften und der Angewandten Naturwissenschaften als Bindeglied der Bayerischen Akademie zu den Behörden einschließlich der Ministerien, den Gymnasien, der Industrie sowie zu den Universitäten und Hochschulen. Hierzu gehört auch die fachliche Beratung oder die Vermittlung einer fachlichen Beratung. Der Ausschuss bietet seine Mitwirkung bei der Lösung einschlägiger übergreifender Aufgaben oder Probleme an.
3. Das BAdW Forum Technologie ist Ort des Austausches: Wissenschaft und Öffentlichkeit kommen zusammen bei öffentlichen Informations- und Diskussionsveranstaltungen über Themen von gleichermaßen wissenschaftlichem wie allgemeinem Interesse.
Die erste Veranstaltung des BAdW-Forum Technologie findet am 29. April 2004 in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften statt. Das Symposium „Mobilfunk: Fakten, Nutzen, Ängste“ wird gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Nachrichtentechnik der TU München und acatech – Konvent für Technikwissenschaften der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften getragen.
Historischer Hintergrund: Angewandte Forschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Die Bayerische Akademie der Wissenschaften wurde 1759 von Kurfürst Maximilian III. Joseph gegründet. Zu dieser Zeit war die Akademie noch keine Forschungsinstitution und beschäftigte Wissenschaftler auch nicht hauptberuflich. Sie war eine „gelehrte Gesellschaft“: Ihre Mitglieder – Wissenschaftler aus dem naturwissenschaftlichen und aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich – förderten die wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung z.B. durch die Stellung von Preisfragen. An diesen öffentlichen Wettbewerben konnte jedermann teilnehmen (unabhängig von Konfession oder Staatsangehörigkeit); dem Gewinner wurde ein Preisgeld zugesprochen.
Die Preisfragen aus den ersten Jahren der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zeigen, dass es den Mitgliedern der Akademie damals vor allem um die praktische Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse ging:
Preisfrage 1759: „Welche ist die vorteilhafteste Bauart der Öfen und Pfannen bei Salzsudwerken?
Preisfrage 1767: „Ist der bayerische Hopfen dem böhmischen an Güte gleich?“
Preisfrage 1768/69: „Ob und was für Mittel giebt es, die Hochgewitter zu zerteilen und eine Gegend vor Schauer und Hagel zu bewahren?“
Preisfrage 1775/76: „Welches sind die Mittel den Wachstum des Holzes in Baiern überhaupt zu befördern?“
In der Philosophischen Klasse, die im 18. Jahrhundert für die Naturwissenschaften zuständig war, stand praktisch anwendbare Forschung im Zentrum des Interesses, d.h. insbesondere Fragen aus dem Bereich der Land- und Forstwissenschaften, der Meteorologie und des Vermessungswesens.
Nach der Reform von 1807 wurde die Akademie eine Forschungsinstitution mit hauptberuflich angestellten Wissenschaftlern. Auch in dieser Zeit war die praktische Ausrichtung der Akademie selbstverständlich, man denke nur an die Erfindungen des Akademiemitgliedes Joseph von Fraunhofer (1787-1826).
Nach 1827 wurde die Akademie wegen der Sparmaßnahmen König Ludwigs I. zu einer Gelehrtenversammlung herabgesetzt. Eigenständige Forschung wurde dann erst wieder seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts geleistet, vor allem im Rahmen der Kommissionen:
Die älteste ist die 1858 von König Maximilian II. und Leopold von Ranke gegründete Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sie hat heute die Rechtsform einer Stiftung und ist finanziell selbständig. Ihr gehören führende Historiker Deutschlands, Österreichs und der Schweiz an. Durch Veröffentlichung von Quellen und Darstellungen der deutschen Geschichte leistet sie einen wesentlichen Beitrag zur Grundlagenforschung der deutschen Geschichtswissenschaft.
Hier steht die Nutzanwendung nicht im Vordergrund: „Einsamkeit und Freiheit“ als Voraussetzung geisteswissenschaftlicher Forschung, wie dies bereits im 19. Jahrhundert Wilhelm von Humboldt postulierte, verträgt sich nicht mit der Frage nach dem „praktischen Nutzen“ oder der „Anwendbarkeit“.
Praktisch anwendbare Forschung wurde jedoch auch weiterhin betrieben: In der zweitältesten Kommission der Akademie (Gründung 1868), der „Bayerischen Kommission für die Internationale Erdmessung“ werden heute z.B. Messverfahren zur Erdschwerefeldbestimmung aus dem Flugzeug entwickelt. In diesem Teilprojekt („Fluggravimetrie“) wurden weltweit Patente angemeldet – die Ergebnisse sind also praktisch an- bzw. verwertbar.