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06/20

Akademiemitglieder und externe Experten plädieren für Corona-Stufenplan nach dem Shutdown

Die geltenden Beschränkungen in Gesellschaft und Wirtschaft allmählich zu lockern und dabei die medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung zu sichern – dafür plädiert jetzt eine Gruppe von Akademiemitgliedern und externen Experten. In ihrem Positionspapier zeigen die Forscher um die BAdW-Mitglieder Clemens Fuest und Martin Lohse, Wege zu diesem Ziel auf.

München, 3. April 2020

Die Strategie sieht vor, derzeitige Einschränkungen differenziert und unter kontinuierlicher Abwägung der Risiken nach und nach zu lockern. Priorität sollen dabei die Beschränkungen haben, die hohe wirtschaftliche Kosten verursachen oder zu starken sozialen und gesundheitlichen Belastungen führen. Regionen mit niedrigen Infektionsraten und freien Kapazitäten im Gesundheitssystem könnten beim allmählichen Neubeginn vorangehen, so der Vorschlag der 14 Experten aus den Bereichen Innere Medizin, Infektionsforschung, Pharmakologie, Epidemiologie, Ökonomie, Verfassungsrecht, Psychologie und Ethik. Beginnen sollten zudem Sektoren mit niedriger Ansteckungsgefahr wie zum Beispiel hochautomatisierte Fabriken sowie Bereiche mit weniger gefährdeten Personen, etwa in Schulen und Hochschulen.

 „Die aktuellen Beschränkungen sind sinnvoll und zeigen erste Wirkung“, betont Martin Lohse. Allerdings hätten die Maßnahmen neben hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten auch gravierende medizinische Folgen, etwa für Patienten mit anderen schweren Erkrankungen. „Weil wir damit rechnen müssen, dass die Pandemie uns noch viele Monate beschäftigt und letztlich nur unser Immunsystem uns schützen kann, brauchen wir eine flexible, nach Risiken gestaffelte Strategie – ein genereller Shutdown ist keine langfristige Lösung“, sagt Lohse.

„Gesundheit und eine stabile Wirtschaft schließen sich keineswegs aus“, sagt Clemens Fuest, Ökonom und Präsident des Münchener ifo-Instituts. Beides bedinge sich vielmehr gegenseitig: „So wie eine positive wirtschaftliche Entwicklung bei unkontrollierter Ausbreitung des Virus nicht möglich ist, lässt sich auch die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitswesens ohne eine funktionierende Wirtschaft nicht aufrechterhalten“, stellt Clemens Fuest fest.

„Bei der Planung, in welchen Schritten die massiven Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens aufgehoben werden, müssen die Menschen im Mittelpunkt stehen. Dabei sind gesundheitliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken zu berücksichtigen. Allen wird derzeit viel zugemutet. Jetzt müssen die Starken für die Schwachen da sein.“ ergänzt Christiane Woopen, Professorin für Ethik und Theorie der Medizin an der Universität zu Köln und Vorsitzende des Europäischen Ethikrates.

Wichtig seien jetzt großflächige Tests, um zuverlässigere Erkenntnisse über die Ausbreitung des Erregers zu erhalten, schreiben die 14 Wissenschaftler aus den Bereichen Innere Medizin, Infektionsforschung, Pharmakologie, Epidemiologie, Ökonomie, Verfassungsrecht, Psychologie und Ethik. Auch die Sicherung der Produktion von Schutzkleidung, Schutzmasken, Medikamenten und künftiger Impfstoffe zähle zu den vordringlichen Maßnahmen. Weiterhin empfehlen die Wissenschaftler, neue Kapazitäten zur Bewältigung der sozialen und psychischen Folgeschäden der aktuellen Maßnahmen zu schaffen. Die Stellungnahme zum Download: https://www.gdnae.de/wp-content/uploads/2020/04/Coronavirus-Pandemie_Strategie-Final.pdf

Union der deutschen Akademien der Wissenschaften: https://www.akademienunion.de/presse/nachrichten/

Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärtze: https://www.gdnae.de/expertengruppe-stufenplan-fuer-die-zeit-nach-dem-shutdown/