!.!"!! Fokus überhaupt ein Arbeitsfeld ist, zu dem Künstliche Intelligenz passt“, sagt sie und betont, wie wichtig es sei, diese Frage zu stellen: „Viele Technologien werden nur entwickelt, um den Konsum zu optimie- ren, warum dann nicht auch die Soziale Arbeit? Es wäre schade, die technischen Möglichkeiten gerade hier zu verpassen.“ Theoretisch spricht einiges für den Einsatz von KI im Jugendamt. So müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Basis vieler Informationen, aber auch unter Berücksichtigung von Unsicher- heitsfaktoren möglichst objektiv und nachvollziehbar entscheiden, ob in einem bestimmten Fall das Kindeswohl gefähr- det ist oder nicht. Ein Algorithmus könn- te dabei unterstützen, indem er zum Bei- spiel Informationen au#ereitet und situ- ationsgerecht zur Reflexion anregt. Dabei gehe es nicht darum, dass KI Verantwor- tung übernimmt. „Das ist und bleibt eine menschliche Kategorie“, sagt Gutwald. Bislang gibt es kein derartiges System im Kinder- und Jugendschutz. Das Inter- esse in der Praxis sei groß, aber auch die Skepsis, hat Gutwald inzwischen erfah- ren. Sie schätzt die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Projekt. Diskutiert wird bis in die Feinheiten der visuellen Darstellungen, damit der Algorithmus möglichst große Chancen hat, angenom- men zu werden. R i s i k e n u n d C h a n c e n d i f f e r e n z i e r t b e t r a c h t e n Dass gut gemeinte Entwicklungen nicht unbedingt zum Ziel führen, wenn sie nicht akzeptiert werden, davon kann der Jura- professor Moritz Hennemann berichten. Im bidt-Projekt „Vektoren der Daten- preisgabe – Eine komparative Untersu- chung zum Einsatz eigener personenbe- zogener Daten aus den Perspektiven der Rechtswissenschaft, Kulturwissenschaft und Wirtschaftsinformatik“ untersucht er mit seinem Team für verschiedene Länder weltweit, wovon es abhängt, ob Nutzerinnen und Nutzer ihre persönli- chen Daten zum Beispiel beim Online- Shopping oder in sozialen Netzwerken weitergeben. Welche Rolle spielen Regu- lierungen wie die DSGVO? Oder ist die kulturelle Prägung wichtiger? Momentan entscheidet in vielen Fällen jeder selbst, ob er seine Daten „ Wir nutzen heute Techno- logien, die immer kompli- zierter werden, aber deren Bedienung zu- gleich immer einfacher wird.“ weitergibt oder nicht. Beim ersten Besuch einer Webseite wird dies oftmals abge- fragt. Die DSGVO setzt auf ein „informier- tes Entscheiden“. „Tatsächlich ist es oft ein Wegklicken der Information statt eine bewusste Entscheidung“, vermutet Hen- nemann. Dabei lohne es sich, sich damit auseinanderzusetzen. „Auch wenn die Weitergabe der eigenen personenbezoge- nen Daten in der Regel nicht unmittelbar spürbar mit einem Nachteil verbunden ist und auch positive Effekte bedingen kann, zum Beispiel wenn maßgeschnei- derte Angebote gemacht werden, die zu den eigenen Präferenzen passen. Denn das Erstellen eines sehr genauen Pro- fils ist oft möglich – und das kann, muss aber nicht, zu einem Missbrauch einla- den, etwa wenn Schwächen im Entschei- dungsverhalten ausgenutzt werden oder eine Diskriminierung stattfindet.“ Der Jurist sieht sowohl den Einzelnen in der Pflicht, seine Daten zu schützen, als auch den Staat, adäquate Rahmenbedin- gungen zu setzen: „Da der Verarbeitung von Daten eine Vielzahl von Geschäfts- modellen zugrundeliegt, ist es eine Auf- gabe der Regulierung, etwaige Risiken zu minimieren.“ Ob in dieser Hinsicht bei der DSGVO Nachbesserungsbedarf besteht, wird das Projekt aus interkultureller Per- spektive zeigen, auch weil Daten vielfach über nationale Grenzen hinweg geteilt werden. Um das zu beantworten, sind im Projekt auch Kulturwissenschaftlerinnen und Wirtschaftsinformatiker beteiligt. I m p u l s e a u s d e r i n t e r d i s z i p l i n ä r e n F o r s c h u n g Christoph Egle, wissenschaftlicher Geschäftsführer am bidt, verspricht sich von konkreten Forschungsfragen wesent- liche Impulse: „Abstrakte Forderungen nach einer verantwortungsvollen Gestal- tung der Digitalisierung sind sicherlich nicht verkehrt, aber kaum umzusetzen. Deswegen fördern wir am bidt Projekte, in denen ganz konkret zur verantwor- tungsvollen Nutzung und möglichen Weiterentwicklung digitaler Technologi- en geforscht wird. Dafür müssen in jedem Anwendungsbereich spezifische Antwor- ten gefunden werden.“ Damit das bidt Forschungsvorhaben fördert, müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Dis- ziplinen gemeinsam ein Projekt angehen – ein Ansatz, der von den Forschenden als sehr gewinnbringend erlebt wird. „Das gemeinsame Nachdenken im interdiszip- linären Austausch ist sehr fruchtbar. Wir hatten alle schon öfters Aha-Erlebnisse“, sagt zum Beispiel Philosophin Rebecca Gutwald. Dabei ist das fachübergreifende Miteinander nicht nur von der Frage nach dem Wie des Gestaltens geprägt, sondern auch von den neuen Möglichkeiten, die Digitalisierung eröffnet. So sagt etwa Medienpsychologin Carolus: „Wichtig ist, dass wir als Gesellschaft eine konstrukti- ve Perspektive einnehmen, nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen neuer Technologien erkennen und sie als Nut- zer reflektiert und kompetent für unsere Anliegen nutzen.“ Nicola Holzapfel ist Wissenschaftsjournalistin und arbeitet als Senior Multimedia- Redakteurin für die LMU München. A k a d e m i e A k t u e l l !"