3.2024 Fokus gewöhnlichen MRT. Die Patientinnen und Patienten durchlaufen also viele Unter- suchungen und produzieren damit sehr viele Daten. Julia Schottenhamml, Sie übernehmen am Uniklinikum Erlangen die Datenaus- wertung für die Studie. Was verspricht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz? J U L I A S C H O T T E N H A M M L : KI hat den gro- ßen Vorteil, dass man sehr leicht sehr große Datenmengen verarbeiten kann. Hier am Klinikum laufen pro Patient bzw. Patientin sehr viele Gigabyte an Daten zusammen, weil wir so viele Untersu- chungen machen. Ohne KI müsste jeder Facharzt, der daran beteiligt ist, die Daten per Hand auswerten, und dann müssten sich alle treffen und die Daten miteinan- der besprechen, was ein riesiger Zeitauf- wand wäre. Mit automatisierten KI-Algo- rithmen kann man alle Daten in Sekun- denschnelle zusammenbringen und die Ärztinnen und Ärzte so gut unterstützen. Am Ende der Studie soll es möglich sein, eine objektive Diagnose von Post-Covid „ Beim un- überwachten Lernen soll die KI aus den Daten- mengen selbständig neue Er- kenntnisse generieren.“ J u l i a S c h o t t e n h a m m l l l e u t k A e i m e d a k A r ü f x x x x x x : s o t o F anhand konkreter Biomarker zu stellen, also anhand biologischer oder immu- nologischer Werte, die Kranke eindeutig von Gesunden unterscheiden. Wie kann KI dabei helfen? J . S . : Wir wollen herausfinden, ob unter allen gemessenen Biomarkern einer vor- handen ist, der einen klaren Hinweis auf Post-Covid gibt. Die KI ist ein Modell, das auf vielen Parametern beruht. Im Trai- ning werden die Parameter so angepasst, dass das Modell anhand der vorhandenen Trainingsdaten möglichst gut Gesunde von Kranken unterscheiden kann. Wir füttern das Modell etwa mit OCT-A- Daten, was ein Biomarker sein könnte, und das Modell gibt als Ergebnis dann im einfachsten Fall aus „Post-Covid: ja“ oder „Post-Covid: nein“. Wenn das Modell sagt, es handelt sich um Post-Covid, und wir wissen aber, dass in Wirklichkeit eine Kon- trollperson dahintersteckt, ist das Ergeb- nis noch nicht verlässlich. Dann war die OCT-A-Messung allein nicht ausreichend, um eine verlässliche Diagnose zu stel- len, und wir müssen die Parameter des Modells weiter anpassen. Hat KI auch das Potential, aus den Daten neue Hypothesen zu generieren? J . S . : Ja. Die Klassifikation „Post-Covid: ja“ oder „Post-Covid: nein“ beruht auf überwachtem Lernen (Supervised Lear- ning). Wir bringen dem Modell bei, wie kranke und wie gesunde Personen aus- sehen, und das Modell lernt, diese Unter- scheidung selbst zu treffen. Wir nutzen aber auch Unsupervised Learning, also unüberwachtes Lernen. Dabei soll die KI aus den Datenmengen selbständig neue Erkenntnisse generieren. Am Anfang war Post-Covid im Endeffekt eine Krankheit, aber mittlerweile geht man wie erwähnt davon aus, dass es mehrere Subtypen gibt. Anhand der Studiendaten und mit- hilfe von KI wollen wir sehen, welche Subtypen wir abgrenzen und definieren können. Wie, wenn überhaupt, werden Ärztin- nen und Ärzte so einen KI-Algorithmus in Zukunft für die Diagnose anwenden können? J . S . : Das kommt darauf an, welche Moda- litäten letztendlich in diesen Algorith- mus einfließen. Wenn es ausgefalle- ne Messungen wie die OCT-A-Messung „ Wir versuchen, sichtbar zu machen, was bei Post-Covid im Körper falsch läuft.“ B e t t i n a H o h b e r g e r sind, dann kann das natürlich nicht jeder Hausarzt machen. Dazu bräuchte man Zentren, die all diese Geräte haben. Die erhobenen Messungen könnten in den Algorithmus einfließen und den Arzt bei der Diagnose unterstützen. Wenn es sich aber nur um einfache Messungen han- delt wie zum Beispiel Blutdruck, dann könnte jeder Hausarzt diese Messung durchführen. Es wird also darauf ankom- men, was wir in der Forschung als guten Biomarker finden. Muss man sich Sorgen über die Ver- lässlichkeit eines solchen Algorithmus machen, wenn man sich bei der Dia- gnose künftig vielleicht zu sehr auf die KI verlässt? J . S . : Wenn das Modell sagt, es ist sich zu 100 Prozent sicher, dass der Patient gesund ist, dann fällt es dem Arzt wahr- scheinlich leichter, eine Diagnose zu stel- len. Bei Fällen, in denen sich die KI nicht ganz sicher ist, muss sich der Arzt bzw. die Ärztin die Daten erst recht noch ein- mal ansehen. Letztendlich wird immer A k a d e m i e A k t u e l l 43