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Wie viele Werke hat Orlando di Lasso eigentlich geschrieben?

Ein Verzeichnis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gibt Aufschluss

 

 

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05. Juni 2001

Ein Verzeichnis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gibt Aufschluss

Orlando di Lasso (1530/32-1594) war der bedeutendste Komponist der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Er war der Hofkapellmeister der bayerischen Herzöge Albrecht V. und Wilhelm V., ab 1557 in München. Dank seines Wirkens wurde die Residenzstadt der Wittelsbacher erstmals zu einem Zentrum des europäischen Musiklebens. Doch trotz – oder vielleicht gerade wegen? – seines bedeutenden Schaffens wusste man bisher nicht so genau, wie viele Werke er denn nun eigentlich geschrieben hat. Dieser Unklarheit hat die Musikhistorische Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften nun abgeholfen und ein dreibändiges Lasso-Werkverzeichnis erstellt.

Nimmt man das kompositorische Werk di Lassos so, wie es heute vorliegt, und rechnet die vergleichsweise wenigen Dubia (also Kompositionen, bei denen seine Autorenschaft nicht gesichert ist) mit ein, dann liegen 1.197 zeitgenössisch gedruckte und 162 nur in Handschriften überlieferte Sätze aus der Feder Orlando di Lassos vor. Seine Werke sind (ähnlich wie beim Köchel-Verzeichnis oder beim Bach-Werkverzeichnis) durchnummeriert und mit einer LV-Zahl (Lasso-Verzeichniszahl) bei den gedruckten, einer LVanh(ang)-Zahl für die nur handschriftlich überlieferten Opera versehen. Dies alles ist nun bequem nachzuschlagen in: Orlando di Lasso. Seine Werke in zeitgenössischen Drucken 1555-1687, einem von Horst Leuchtmann und Bernhold Schmid von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erstellten dreibändigen Verzeichnis, das aktuell im Bärenreiter-Verlag Kassel erschienen ist.

Horst Leuchtmann hatte sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Redaktor der Lasso-Gesamtausgabe der Musikhistorischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften der mühevollen Aufgabe unterzogen, aufzulisten, welche Kompositionen Lassos in den Quellen enthalten sind. Er legte Inventare der Drucke an. Bald entstand der Plan, die Drucke näher zu beschreiben: zusätzlich zur Auflistung des Inhalts sollten die Titelblätter und die Widmungsvorreden in diplomatischer Umschrift abgedruckt werden, sodann war Literatur anzugeben. Die nicht gedruckten Werke wurden in einem Anhang unter Angabe der handschriftlichen Quellen zusammengestellt. Zuletzt wurden umfangreiche Register erarbeitet, die in einem eigens dafür erstellten Band Auskunft darüber geben, in welchen Quellen die einzelnen Kompositionen zu finden sind.

Viele Drucke enthalten nicht ausschließlich Lasso, sondern auch Sätze anderer Komponisten. Diesen wurde im Registerband Rechnung getragen: alphabetisch sowohl nach Textanfängen als auch nach Komponisten geordnet sind nicht von Lasso stammende Sätze aufgelistet. Somit bietet das Lasso-Verzeichnis also generell Hilfestellung in Sachen Musik der zweiten Hälfte des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts.

Die Arbeiten am Lasso-Verzeichnis sind fürs erste zwar beendet, aber eigentlich doch nicht zu Ende gebracht. Ein Notenband mit den Anfangstakten aller Stücke ist bereits geplant. Ferner möchten die Musikwissenschaftler eine Version auf CD-Rom erstellen, die die Benützung des Lasso-Verzeichnisses optimieren soll. Und letztendlich ist es nur mit Hilfe elektronischer Datenträger möglich, das Verzeichnis ohne größere Mühe stets auf dem neuesten Stand zu halten.